Diakonie Niederberg

Texte von Sehnsucht und Armut

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Zum 25jährigen Jubiläum der Beratungsstelle für Wohnungslose rezitierte der Kabarettist Jochen Busse die Texte Wohnungsloser, der Cellist Daniil Mejeritski begleitete ihn dazu mit Liedern von Franz Schubert.

Zum 25jährigen Jubiläum der Beratungsstelle für Wohnungslose rezitierte der Kabarettist Jochen Busse die Texte Wohnungsloser, der Cellist Daniil Mejeritski begleitete ihn dazu mit Liedern von Franz Schubert.

Foto: WAZ FotoPool

Velbert.   Bei diesen Zeilen bekommt der Velberter Zuhörer eine Gänsehaut: In der Friedenskirche rezitierte Jochen Busse zu Melodien von Franz Schubert Texte von Wohnungslosen.

Sie leben ohne ein Dach über dem Kopf und sind sozial ausgegrenzt in existenzieller Sorge: wohnungslose Menschen. Seit 25 Jahren nehmen sich Mitarbeiter der Wohnungslosenhilfe der Diakonie Niederberg ihrer an und helfen dort, wo andere wegschauen. Das Jubiläum bot nun Anlass für einen kleinen Einblick in die Velberter Winterreise aus dem letzten Jahr. Texte von Wohnungslosen in Verbindung mit Schuberts Liederzyklus wurde einmal mehr zum Klangbild für das Leben in unerfüllter Sehnsucht, enttäuschter Hoffnung, Armut und Not.

Unkomplizierte Hilfe

„Ich bin bedürftig, aber nicht arm. Arm bin ich erst, wenn ich mir dort drinnen nichts mehr wert bin.“ Jochen Busse steht in der Friedenskirche, die warme Stimme des Kabarettisten erfüllt den Raum. Er rezitiert Texte. Sie erzählen von Einzelschicksalen, geben berührende Einblicke in die Lebenswelt Wohnungsloser. Zwischendurch entlockt der Musiker Daniil Mejeritski seinem Violoncello traurige Melodien aus Schuberts Winterreise.

„Wir wollen daran arbeiten, wohnungslosen Menschen einen unkomplizierten und schnellen Zugang zu Hilfesystemen zu ermöglichen“, erklärt Diakonie-Mitarbeiterin Renate Zanjani. „Die Probleme werden immer komplexer“, berichtet Marion Simke, Fachbereichsleitung für die Wohnungslosenhilfe. „2005 kamen rund 270 Menschen zu uns und baten um Hilfe. Im letzten Jahr waren es mehr als 450 – das ist wahnsinnig viel.“ Im kalten Winter sind die Probleme noch akuter als sonst – „da können wir niemanden auf morgen vertrösten“, weiß Simke.

Trauriger Trend: Immer mehr Jugendliche und junge Erwachsene haben kein Dach über dem Kopf. Sie werden daheim rausgeworfen, ziehen durchs Land und durchs Leben. „Unsere Klienten werden im Schnitt immer jünger. Und ein Problem kommt selten allein: Oftmals spielen Schulden, Arbeitslosigkeit, Suchtprobleme eine Rolle. Diese Menschen brauchen dringend Beistand“, ist Simke überzeugt. Werner Starke, Geschäftsführer der Diakonie Niederberg, pflichtet ihr bei: „Diese Menschen dürfen nicht ausgegrenzt werden.“

Zu der Veranstaltung sollen auch die kommen können, die dem Nachmittag sein Gesicht gegeben haben: die sozial Ausgegrenzten. Deshalb ist der Eintritt frei. Ein Obdachloser erzählt nach dem Besuch: „Die Musik war schön. Danach gehen die anderen nach Hause. Ich habe gerade keins.“

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