Hattingen. Ilse und Heinz-Erwin Stens trennen sich nach 19 Jahren schweren Herzens vom Geschäft auf ihrem Hof in Winz-Baak.
Am heutigen Samstag wäre traditionell der Tag gewesen, an dem die Winz-Baaker Bauerndeele die Pforten wieder geöffnet hätte: am letzten Wochenende der Sommerferien. Doch ab diesem Jahr ist alles anders: Das große Tor bleibt geschlossen. Für immer. Denn Familie Stens hat sich entschlossen, die Zukunft etwas ruhiger anzugehen.
Das direkte Einkaufen auf dem Bauernhof an der Fährstraße 1 ist damit Geschichte. Leicht gemacht haben es sich Ilse (74) und Heinz-Erwin Stens (78) wirklich nicht. Lange überlegt haben die beiden, ob sie nicht 20 Jahre Hofladen voll machen sollen. „Jetzt sind es 19 Jahre und das ist in Ordnung so“, sagt Ilse Stens. Unter dem Ahornbaum im Garten sitzen und in der Sonne einen Kaffee schlürfen – das hat ja auch was.
Dass der Schlussstrich nicht gerade leicht fällt, merkt man bei jedem Satz, wenn die 74-jährige, wirklich jung gebliebene Ilse Stens die Familiengeschichte erzählt. Eine tolle Familie hat sie, bei der Zusammenhalt, echte Liebe und Zuneigung Markenzeichen sind.
Wenn sie die letzten Jahrzehnte Revue passieren lässt, kommen ihre Lachfältchen voll zum Einsatz. Blutjung war sie, hatte gerade das Abitur in der Tasche und machte eine Lehre der „ländlichen Hauswirtschaft“, als sie mit der Landjugendgruppe nach Berlin fuhr. „Schicksal“ sagt sie, dass sie auf der Fahrt Heinz-Erwin kennen lernte. Es war wohl Liebe auf den ersten Blick, später auch beruflich ein Volltreffer. Sie machte die Meisterprüfung auf ihrem Gebiet, er wurde Landwirtschaftsmeister und ein gefragter Mann in Gremien.
Hofladen professionell aufgestellt
Dann heiratete der ältere Sohn Volker (49), der „mit Lust und Liebe“ in Sprockhövel den Hof Scherenberg betreibt, seine Ute. „Meine Schwiegertochter ist eine patente Frau und Mutter von vier Kindern“, sagt Ilse Stens. „Sie hat Landwirtschaft studiert und brachte die Innovation nach Hattingen.“
„Der Hof hat Potential“, befand Ute und von da an wurde der Hofladen professionell aufgestellt. „Mich hat immer glücklich gemacht, Produkte anzubieten, die die Jahreszeiten zeigen, den ersten Sommerapfel zu verkaufen“, sagt Ilse Stens. Aber die Zeiten haben sich geändert. „Die Älteren kochen nicht mehr und die Jüngeren halten es für einen Event, wenn sie ein Mal in der Woche am Herd stehen.“
Urlaub ohne Arbeitsdruck
„Aber was soll man lamentieren, es ist so wie es ist“, stellt die 74-Jährige fest. Gerne geführt hat sie den Hofladen immer. Jetzt ist das nächste Ziel, mal wieder auf die geliebte Insel Langeoog zu fahren. Urlaub, ohne kommenden Arbeitsdruck. Ein ganz neues Lebensgefühl.
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