Wattenscheid. Sie hat sich früh entschieden, auf das Wettkampf-Fechten zu verzichten. Antonia Hamm von der FSG Ruhr-Wattenscheid kümmert sich um den Nachwuchs.
Irgendwann musste sie sich entscheiden. An der Schule führt ja nun einmal kein Weg vorbei, die 38-Stunden-Unterrichtswoche mit dem Turbo-Abitur im nächsten Jahr an der Theodor-Körner-Schule in Dahlhausen ist schon eine Herausforderung für sich. Und wenn noch ein bisschen Freizeit übrig sein sollte für andere Dinge, fürs Kino mit Freundinnen und Freunden etwa, blieb nur eine Wahl: Schwerpunkt Trainerin? Oder Wettkampfsport, gar leistungsorientiert mit zig Wochenenden in den Hallen Deutschlands?

Antonia Hamm hat sich früh entschieden, sehr früh sogar. Für das Training mit Kindern und Jugendlichen zwischen acht und 15 Jahren bei der Fecht- und Sportgemeinschaft Ruhr-Wattenscheid. „Primär geht es um den Spaß am Sport“, sagt Antonia Hamm, den will sie ihren 15 Schülern vermitteln. Mit Erfolg.
Schon mit 13 half sie als Trainerin mit
Schon mit 13 Jahren gab sie Anfängern Tipps, wenn sie vor ihrem eigenen Training schon in der Halle war, mit 14 stieg die sympathische Abiturientin richtig ein, hat bereits den Trainerassistenten-Schein in der Tasche – den nächsthöheren gibt es erst ab 18. Zudem ist Antonia Hamm seit zwei Jahren Jugendwartin des Vereins und damit auch im Vorstand. Sie organisiert Ausflüge, Vereinsturniere, ist erste Ansprechpartnerin für den Nachwuchs. Getreu dem Motto des Vereins, der das soziale Miteinander im Fokus hat, wobei auch der Leistungsgedanke nicht verloren geht.
So wird das alljährliche Weltcup-Turnier der Junioren weiterhin von der FSG Ruhr Wattenscheid ausgerichtet, das nächste Turnier mit Spitzenfechtern aus der ganzen Welt steigt im kommenden Februar. Auch hier mischt Antonia Hamm munter mit.
Im Hintergrund, in der Organisation, nicht auf der Planche. „Das ist eine andere Liga“, sagt sie. „Dafür muss man international viele Turniere bestreiten.“ Dennoch: Talent hat zweifellos auch Antonia Hamm an der Waffe, bevorzugt: dem Florett. Auch Degenfechten bietet der Klub an, der Kampf mit dem Säbel ist bundesweit kaum verbreitet. Wer die kürzere und leichtere Waffe, das Florett, beherrscht, kommt auch mit dem Degen klar, meint Antonia Hamm.
Schul-AG weckte das Interesse
Über eine Schul-AG in der fünften Klasse, angeboten vom Friesenkampf Fecht-Club d’Artagnan Bochum, kam die frühere Turnerin und Handballerin zum Fechtsport. Und war sofort begeistert. Zum einen, weil es in dem Alter, mit zehn, elf Jahren, halt auch „cool“ war mit Schutzausrüstung, Helm, Florett. „Ich komme aus der Generation der drei Musketiere“, sagt Mutter Susanne Hamm und lacht herzlich. „Ich finde Fechten faszinierend, obwohl ich den Sport nur schwer nachvollziehen kann.“ Natürlich war sie bei Turnieren meist dabei: „Da ist Adrenalin in der Halle, auch bei den Kleineren.“
Die Turniere gehen von morgens bis abends, oft weit weg, und auch wenn ein Gefecht nur drei Minuten dauert bei den Jüngeren und später drei Mal drei Minuten, fließt der Schweiß unter der Schutzmaske in Strömen. „Man muss die Nerven bewahren, immer hochkonzentriert sein“, erklärt Antonia Hamm ihre Begeisterung für den eher ungewöhnlichen Sport, der „in der Gruppe richtig Spaß macht“.
Konzentration und Disziplin sind wichtig
Worauf es ankommt? „Auf Konzentration, Selbstbeherrschung, Disziplin“, sagt sie. Werte, die sie im Training auch weitergibt, weitergeben muss. Ohne komplette Schutzausrüstung geht nach dem spielerischen Warmmachen und ein paar Beinübungen nichts, und auch Kraft und Ausdauer müssen passen. „Ein paar blaue Flecken kann es trotzdem mal geben“, sagt Antonia Hamm. Nichts Dramatisches – wenn man konzentriert ist. Und aufpasst.
Mit Fleiß und Talent hat sie nach ihrem Wechsel vom FFC d’Artagnan zur FSG Ruhr Wattenscheid aufgrund der besseren Trainingsmöglichkeiten – mittlerweile kooperieren die Vereine auch bei den Trainingszeiten – beachtliche Erfolge erfochten. Zweimal kämpfte die Linkshänderin bei einer Deutschen Meisterschaft, vor vier Jahren wurde sie in Moers 14. im Einzel und holte Bronze mit der Florett-Mannschaft Westfalens.
Auch an der Schule sozial engagiert
Mit dem Wettkampfsport hat Antonia Hamm vorerst abgeschlossen, bleibt aber als Freizeit-Fechterin aktiv. Sportlich kümmert sie sich vor allem um den Nachwuchs, und trotz Abi-Stress ist sie auch an ihrem Gymnasium sozial engagiert: In der Anti-Rassismus-AG der Theodor-Körner-Schule klärt sie jüngere Schüler auf oder bringt Flüchtlingskindern das Radfahren bei.
DAS IST DIE FSG RUHR-WATTENSCHEID
Die Fecht- und Sportgemeinschaft Ruhr Wattenscheid hat drei Abteilungen. Seit der Gründung 1959 kann man hier fechten, mit Florett und Degen. Der Verein sieht sich als „leistungsorientierter Breitensportverein“. Zudem gibt es Friesenkampf und Gymnastik.
Antonia Hamm und ihre Trainerkollegen bitten jeweils mittwochs und freitags zum Training. Die Jugend-/Anfängergruppe übt von 18 bis 19.30 Uhr, die Älteren und Leistungsfechter sind von 19.30 bis 21 Uhr dran, jeweils in der Halle der Maria-Sibylla-Merian-Schule (Lohackerstraße).
Interessierte sind immer willkommen. In den ersten ein, zwei Jahren stellt der Verein auch die nicht ganz billige Ausrüstung.
Infos im Internet: www.fsg-ruhrwattenscheid.de
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