Gesundheit

Verband: Im Ruhrgebiet fehlen hunderte Psychotherapeuten

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Freie Plätze gibt es bei Psychotherapeuten im Ruhrgebiet kaum.

Freie Plätze gibt es bei Psychotherapeuten im Ruhrgebiet kaum.

Foto: dpa Picture-Alliance / Jens Büttner

Essen.   Die Versorgungslage psychisch Kranker sei „unzumutbar“. Bis zu zehn Monaten warten Patienten in mancher Revier-Stadt auf einen Therapieplatz.

Im Ruhrgebiet fehlen laut Bundespsychotherapeutenkammer (BPtk) hunderte Psychotherapeuten. Die Kammer fordert deshalb, dass sich zusätzlich 700 Therapeuten im Revier niederlassen dürfen. Dafür müsse im Psychotherapie-Bedarfsplan die Kategorisierung als „Sonderregion“ wegfallen. Diesen Status hat das Ruhrgebiet, weil es als Ballungsraum gilt und weder einem ländlichen Gebiet noch einer Großstadt entspricht.

Ob es zu dieser Änderung kommt, entscheidet sich im so genannten Gemeinsamen Bundesausschuss, der heute in Berlin tagt. Das höchste Selbstverwaltungsgremium im deutschen Gesundheitswesen trifft rechtsverbindliche Entscheidungen für die mehr als 70 Millionen gesetzlich Versicherten.

In Bottrop warteten Patienten mehr als 45 Wochen

Rückenwind erhalten die Psychotherapeuten von der Landesregierung. Denn auch das NRW-Gesundheitsministerium will im Ruhrgebiet ein „teilweise deutlich geringeres Versorgungsangebot“ als in anderen deutschen Regionen festgestellt haben. Die BPtk hatte bereits 2011 in einer Studie herausgearbeitet, dass die psychotherapeutische Versorgung im Ruhrgebiet im gesamtdeutschen Vergleich schlecht sei.

Danach mussten Patienten im Revier eine Wartezeit von mehr als 17 Wochen auf ein erstes Gespräch mit dem Therapeuten hinnehmen, fünfeinhalb Wochen mehr als der deutsche Durchschnitt und vier Wochen mehr als in NRW üblich. In Essen warteten Patienten im Schnitt 13 Wochen, in Bottrop sogar mehr als 45 Wochen. Auf den eigentlichen Behandlungsbeginn warteten Patienten fast 31 Wochen – nahezu sieben Wochen länger als bundesweit.

Grund für Unterversorgung ist Fehleinschätzung

„Wir gehen davon aus, dass die Wartezeiten im Ruhrgebiet sich nicht wesentlich verändert haben“, sagt Kay Funke-Kaiser, Sprecher der BPtK. „Im Ruhrgebiet gibt es zwei Drittel weniger Behandler pro 100 000 Einwohner als im gesamtdeutschen Vergleich“, sagt Andreas Pichler, Vizepräsident der Psychotherapeutenkammer NRW. Die Versorgungslage sei „unzumutbar“.

Grund für die Unterversorgung ist laut Pichler eine Fehleinschätzung des Bundesausschusses bei der Planung des Bedarfs an Psychotherapeuten vor 18 Jahren. Schon damals sei die Zahl der niedergelassenen Psychotherapie-Praxen nicht ausreichend gewesen. Seitdem sei der Bedarf an Therapieplätzen weiter gewachsen.

Doch es gibt Hoffnung auf ein Umdenken. „Die bisherige Diskussion im Gemeinsamen Bundesausschuss lässt vermuten, dass es im Rahmen der laufenden Beratungen zu Verbesserungen kommen wird“, teilte das NRW-Gesundheitsministerium dieser Redaktion mit.

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