Essen/Berlin. Ein hohes Arbeitstempo und Termindruck belasten vor allem Führungskräfte. Aber auch viele „normale“ Erwerbstätige klagen über großen Druck.
Nahezu die Hälfte der Beschäftigten in Deutschland fühlt sich von Termindruck und Arbeitsverdichtung belastet. 44 Prozent der Männer und 36 Prozent der Frauen litten 2015 unter der hohen Arbeitsintensität. Zugleich nimmt die geleistete Arbeitszeit der Voll- und Teilzeitbeschäftigten seit Jahren ab, was maßgeblich am steigenden Anteil der Teilzeitarbeit und sinkenden Arbeitszeiten in diesem Bereich liegt.
Einem Bericht des Statistischen Bundesamts zufolge arbeiteten Arbeitnehmer 2016 durchschnittlich 35 Wochenstunden. Das waren etwa drei Stunden weniger als noch 1991 und zwei Stunden weniger als im europäischen Durchschnitt. Vollzeitbeschäftigte arbeiteten in Deutschland mit 41 Stunden aber deutlich länger.
Insbesondere der hohe Termindruck macht mehr als der Hälfte aller Führungskräfte zu schaffen, so der Bericht. Das Problem sei unabhängig von Stellung und Branche: Angestellte in der Anlagen- und Maschinenbedienung sowie im Handwerk leiden ähnlich stark unter einer zu hohen Termindichte. Ein immer größerer Teil der Erwerbstätigen arbeite zudem in Berufen, die eine hohe Qualifikation voraussetzen.
Gutqualifizierte arbeiten teilweise bis zum Burnout
Gewerkschaften und Arbeitsmarktforscher beobachten die Entwicklung mit Sorge. „Der Trend zu flexiblem Arbeiten und höheren Qualifizierungsanforderungen wird sich mit der Digitalisierung weiter verstärken“, fürchtet Michael Hermund, Arbeitsmarktexperte des DGB in NRW. Flexiblere Arbeitszeiten dürften nicht dazu führen, dass Arbeit immer mehr entgrenzt werde und sich Beruf und Privatleben vermischten.
Auch Thorsten Kalina vom Institut Arbeit und Qualifikation an der Universität Duisburg-Essen stellt ein zunehmendes Ungleichgewicht in der Arbeitsverteilung fest. „Gutqualifizierte arbeiten immer mehr, teilweise bis hin zum Burnout. Auf der anderen Seite gibt es viele Minijobber und Teilzeitkräfte, die ihre Arbeitszeit gerne aufstocken würden, es aber nicht hinbekommen“, sagte Kalina der WAZ. Besonders junge Mütter steckten häufig in der Teilzeitfalle.
Unterdessen wurde bekannt, dass die Zahl befristeter Neuanstellungen 2016 wieder zugenommen hat. Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf Fragen der Grünen hervorgeht, bekam fast jeder zweite neu eingestellte Arbeitnehmer nur eine befristete Stelle. Im Vergleich zum Vorjahr nahmen Befristungen nicht nur bei Jüngeren, sondern auch bei Beschäftigten mittleren und höheren Alters zu.
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