Düsseldorf. In aller Eile will Bauministerin Ina Scharrenbach ein neues Denkmalschutzgesetz einführen. Die Kritiken für den dritten Versuch sind vernichtend.
Das hat es in der Geschichte vermutlich auch selten gegeben: Dass Denkmalschützer zur Außerparlamentarischen Opposition werden. Indes: Im Vorfeld der Anhörung zum geplanten neuen Denkmalschutzgesetz für NRW ist genau das geschehen: Um 10.30 Uhr versammeln sich an diesem Freitag im Stadtmuseum Düsseldorf Vertreterinnen und Vertreter jener Gremien, die in der Anhörung im Landtag kein Rederecht bekommen haben. Denn dort ist nur Zeit, auf Fragen zu antworten, ein Anhören im Sinne von Zuhören ist angesichts der Flut der Stellungnahmen schon gar nicht mehr vorgesehen.
Denn der Papierstapel ist beachtlich. Von den Burgenbesitzern über die Mittelständische Wohnungswirtschaft, den Westdeutschen Handwerkskammertag und der Deutschen Sondengänger Union: 37 Stellungnahmen sind eingegangen. Ungewöhnlich viele Stellungnahmen seien das, heißt es aus dem Parlament und auch dass es 24.000 Unterschriften gibt gegen das neue Gesetz sei außergewöhnlich.
Es ist bereits der dritte Entwurf, den die Ministerin für Bau, Heimat und Kommunales, Ina Scharrenbach (CDU) jetzt erst dem Bauausschuss und dann Anfang April dem Parlament zur Abstimmung vorlegt. Das Gesetz soll unbedingt noch in dieser Wahlperiode verabschiedet werden. Warum die Zeit so sehr drängt, obwohl eine Vielzahl von Verbänden auf eine weitere Beratung dringt, ist nicht klar geworden.
Klar ist allerdings, dass eine Vielzahl von Verbänden, weiterhin vehemente Kritik an dem Entwurf äußert und trotz des dritten Entwurfes keine durchgreifende Verbesserung entdecken mag. Dabei zielt die Kritik vor allem auf drei Hauptpunkte. Zum ersten: Das Staatsziel Denkmalschutz, das im bisherigen Gesetz an oberster Stelle steht, wird so nicht mehr formuliert.
Stattdessen wird gesagt: Denkmalschutz ist wichtig. Klingt wie eine Marginalie, ist aber rechtlich von hoher Relevanz. Dem Denkmal selbst wird dadurch der Rechtsstatus geraubt, so viele der Experten. „Das Gesetz würde zu einem großen Verlust an Denkmalsubstanz führen“, so Steffen Skudelny von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, die allein in NRW 60.000 aktive Förderer hat. „An keinem Punkt bringt das neue Gesetz eine Verbesserung.“ Skudelny gehört zu den Sprechern in der Runde, die sich vorab im Stadtmuseum trafen. Darunter sind das Deutsche Nationalkomitee für den Denkmalschutz, der Verband der Landesarchäologen sowie ein Bündnis von 56 Hochschulprofessoren in NRW, die um die Zukunft der Denkmallandschaft bangen.
Barbara Welzel, Kunsthistorikern aus Dortmund, äußerste sich stellvertretend für ein Bündnis von 56 Hochschullehrern - und Lehrerinnen im Land: „Im neuen Gesetz steht nicht mehr, dass Denkmäler Schutz genießen. Jetzt wird das ausgehebelt und gesagt. Denkmalschutz ist ein öffentliches Interesse.“ Fachlichkeit werde so dem Populismus geopfert, so Welzel.
Hinzu kommt: Ausgerechnet im Denkmalschutzgesetz finden sich nunmehr auch weitere Ziele, die mit dem Zweck wenig zu tun haben: Klimaschutz, Wohnungsbau und Inklusion beispielsweise – die ja durchaus in eigenen Gesetzen verankert sind. Beifall gibt es da natürlich von der Wohnungswirtschaft. An anderer Stelle applaudiert der Landesverband für erneuerbare Energien. Doch gerade beim Klimaschutz, so der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, stellt der Erhalt von Denkmälern einen Beitrag zur Schonung von Ressourcen dar.
Dass ausgerechnet die wenigen Denkmale die Last von Photovoltaikanlagen tragen sollen, die das Land nicht mal bei Neubauten zur Auflage macht hat leuchtet nicht nur diesem Verband nicht ein. Bislang – wenn derartige Belange konkurrierten, wurden diese in Fachgremien diskutiert, abgewogen und meist einvernehmlich gelöst.
„Das Gesetz würde zu einem großen Verlust an Denkmalsubstanz führen“
Doch – und das ist der zweite Hauptkritikpunkt: Den Fachämtern bei den Landschaftsverbänden Rheinland und Westfalen-Lippe wird ein Großteil ihrer bisherigen Beteiligungsrechte genommen. Künftig können die Kommunen weitgehend selbst entscheiden, was sie für denkmalwürdig halten. Statt im Vier-Augen-Prinzip im Dialog – dem sogenannten Benehmen – mit den Fachleuten und Eigentümern die fachlich bestmögliche Lösung für ein Denkmal zu finden, müssen sie künftig nur noch angehört werden. Außer bei Kommunen, denen das Land abspricht, eine ausreichend ausgestattete Denkmalbehörde vor Ort zu haben.
Dritter großer Kritikpunkt: Die Kirchen bekommen eine Sonderrolle. Sie dürfen über den Denkmalstatus ihrer Sakralbauten weitgehend selbst bestimmen und müssen sich nicht der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte beugen, sondern können das Ministerium anrufen und den Fall in einem neu zu bildenden Sakralausschuss verhandeln lassen. Der Schutz geht sogar soweit, dass sie Denkmalschützern das Betreten der Kirchen verwehren können, sogar bei Gefahr im Verzug, wie die Vereinigung der Landesdenkmalpfleger erstaunt feststellt. Zahlreiche Verbände sehen hier ein Zwei-Klassen-Recht, das sich nicht aus dem Religionsprivileg der Kirchen herleiten lässt. Diese jedoch wollen ihre Denkmale im eigenen Sinne nutzen und im Zweifel auch verwerten können
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