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Handy fürs Kind zu Weihnachten? Das müssen Eltern beachten

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Ein Smartphone unterm Tannenbaum: Das wünschen sich viele Kinder zu Weihnachten.

Ein Smartphone unterm Tannenbaum: Das wünschen sich viele Kinder zu Weihnachten.

Foto: Adobestock

Essen.  Viele Kinder wünschen sich ein eigenes Smartphone. Doch das birgt viele Gefahren. Wie Eltern das Handy zum sicheren Weihnachtsgeschenk machen.

  • Viele Kinder wünschen sich zu Weihnachten ein eigenes Smartphone.
  • Doch wann sind Kinder wirklich reif fürs Handy? Welche Regeln sollten Eltern aufstellen? Und wie können sie das Gerät möglichst sicher machen?
  • Die wichtigsten Fragen und Antworten für ein sicheres Weihnachtsgeschenk im Überblick.

„Wann darf ich endlich ein Handy haben? Max hat sogar das neue iPhone bekommen!“: Viele Kinder wünschen sich zu Weihnachten ein eigenes Smartphone.

Ein Blick auf die Zahlen zeigt: Smartphones gehören ab dem Grundschulalter zum Alltag dazu. 66 Prozent der Sechs- bis Neunjährigen nutzen laut der Kinder- und Jugendstudie 2022 der Bitkom ab und zu ein Smartphone. Ein eigenes Gerät hat allerdings nur jedes fünfte Kind in dieser Altersgruppe. Doch das ändert sich mit dem Alter rasant: Bei den Zehn- bis Zwölfjährigen besitzt bereits die große Mehrheit (86 Prozent) ein eigenes Gerät.

Aber mit dem ersten Handy kommen auch viele Gefahren und Herausforderungen. Wann ist ein Kind wirklich reif fürs Smartphone? Welche Regeln sind bei der Nutzung sinnvoll und wie kann man diese einhalten? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Handy als Weihnachtsgeschenk: Sinnvoll für Kinder?

Wann ein Kind ein eigenes Gerät bekommen sollte, hängt von seiner individuellen Entwicklung ab, sagt Iren Schulz von der Initiative „Schau hin!“. An sich sei ein voll umfängliches Smartphone mit allen Funktionen für Kinder unter 11 Jahre zwar nicht empfehlenswert.

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„Da wir aber wissen, dass schon während der Grundschulzeit der Wunsch nach einem Smartphone bei den Kindern immer größer wird und es den Eltern oft selbst wichtig ist, dass ihr Kind sich bei ihnen melden kann, sagen wir: Wenn Kinder im Grundschulalter ein Gerät bekommen sollen, dann kein voll ausgestattetes Smartphone, sondern eins mit eingeschränkten Funktionen.“ Psychotherapeut Michael May, der in Oberhausen lange Vorsitzender des Kinderschutzbundes war, findet ebenfalls, dass Kinder frühestens ab dem Grundschulalter ein eigenes Handy haben sollten.

Ist ein Smartphone schädlich für die Entwicklung des Kindes?

„Es ist sicher gefährlich, da es durch seine unbegrenzte Nutzungsmöglichkeit und Reize überfordern kann“, sagt der Psychoanalytiker für Kinder und Jugendliche Michael May. Wie schädlich das Handy ist, sei von zwei Faktoren abhängig: der „Dosis“ und dem „Stoff“. „Wenn das Smartphone zu lange genutzt wird oder die falschen, nicht altersangemessenen Inhalte genutzt werden, kann es sehr schädlich für die Entwicklung sein“, so der Experte.

Auch Iren Schulz hält fest, dass es auf die richtige Nutzung ankommt: „Medien sind nicht per se schlecht, sondern es ist immer die Frage, was man damit macht. Und genau deswegen ist Erziehung und Bildung so gefragt. Ein Verbot ist nicht sinnvoll, weil man nicht lernt mit etwas umzugehen, das man nie benutzen darf. Man muss auch einfach anerkennen, dass man sich in unserer Welt nicht gut zurechtfinden wird, wenn man nicht mit Medien umgehen kann, weil sie in allen Lebensbereichen verankert und wichtig sind.“

Wie viel Zeit dürfen Kinder pro Tag am Smartphone verbringen?

Das ist von Kind zu Kind unterschiedlich, sagt Iren Schulz: „Manche Kinder werden schon nach einer halben Stunde total zappelig und sind von den Reizen überfordert, andere können mehr Zeit am Smartphone verbringen.“ Es gibt aber eine Faustregel, an der sich Eltern orientieren könnten: Bis fünf Jahre sollten Kinder maximal eine halbe Stunde Bildschirmzeit pro Tag haben, von sechs bis neun Jahre eine Stunde.

Ab zehn Jahre kann man, um die maximale Wochenzeit zu berechnen, die Formel „Alter mal eine Stunde“ nehmen. Bei einem zehnjährigen Kind sind es also zehn Stunden pro Woche. Um dem Kind die Nutzung beizubringen, sollte es lernen, sich die Zeit selbst einzuteilen. Wichtig dabei zu beachten ist, dass sich die Bildschirmzeit nicht auf das Smartphone beschränkt, sondern auch die Nutzung von Tablet, Fernseher oder Laptop umfasst.

Wie können Eltern ihren Kindern den richtigen Umgang mit dem Smartphone beibringen?

Das Smartphone eröffnet Kindern die digitale Welt, hält Michael May fest. Unter dem Motto „Erziehung = Fit for live“, also „Fit fürs Leben“, ist es die Aufgabe der Eltern, ihre Kinder langsam und stets in Begleitung in diese Welt einzuführen.

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„Das schließt aus, dass Kinder ihr Handy anfangs allein nutzen oder es als viereckige Beruhigungspille genutzt wird. Die Familie ist, wie in allen Erziehungsfragen, ein Trainingslager, in dem die Kinder den richtigen Umgang mit dem Handy lernen sollten“, so der Experte. Dabei sei es wichtig, dass Eltern sich ihrer Vorbildfunktion bewusst sind und ihr eigenes Handy-Verhalten kritisch hinterfragen.

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Welche Apps und Einstellungen sind hilfreich?

„Kinder werden gerade am Anfang Schwierigkeiten haben, das Smartphone wegzulegen. Da ist der Sog viel zu groß und die geistige Reife noch nicht vorhanden“, sagt Iren Schulz. Für Einsteigerinnen und Einsteiger muss das Gerät daher so eingeschränkt und sicher wie nur möglich eingestellt sein. Anfangs sollten Kinder ihr Smartphone nur zur Kommunikation mit den Eltern nutzen. Wenn Gleichaltrige sie in Chats bei WhatsApp & Co. einladen, sollten Eltern diese stets im Blick haben. Und: „Social Media sollte im Grundschulalter wirklich Tabu sein.“

Eine gute Funktion ist die Bildschirmzeit-Begrenzung, die man bei den meisten Smartphones in den Einstellungen festlegen kann, empfiehlt die Mediencoachin. Liegt diese bei 30 Minuten pro Tag, lassen sich zuvor festgelegte Apps nach einer halben Stunde nicht mehr nutzen. Über Anwendungen wie „Google Family Link“ können Eltern außerdem Inhalte auf dem Smartphone ihres Kindes einschränken und Apps genehmigen oder ablehnen.

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„Was wir allerdings nicht empfehlen, sind Spionage-Apps. Unternehmen haben erkannt, was Eltern an Unsicherheiten und Sorgen umtreibt und versprechen vermeintliche Sicherheit. Dabei können solche Spionage-Apps eher eine Bruchstelle in der Beziehung zwischen Eltern und Kind sein und die Vertrauensbasis zerstören“, warnt Iren Schulz. Generell rät sie Eltern, die Medien-Regeln transparent zu kommunizieren – und dann auch trotz Protesten der Kinder konsequent zu bleiben. „Wie immer gilt: Die Herausforderung ist nicht, die Regeln aufzustellen, sondern sie einzuhalten.“

Sind spezielle Kinder-Handys besser als reguläre Smartphones?

„Je kleiner und unerfahrener ein Kind ist, umso besser sind Geräte mit begrenztem Umfang“, sagt Michael May. Auch Expertin Iren Schulz rät davon ab, das neueste Modell zu kaufen. Das sei allein aufgrund der hohen Kosten eine zu große Verantwortung für das Kind. Allerdings sind auch spezielle Kinder-Handys Studien zufolge oft nicht besser als normale Smartphones, so die Mediencoachin: „Eine gute Möglichkeit ist es eher, dem Kind ein gebrauchtes Smartphone zu geben, bei dem System-Updates und Sicherheitseinstellungen noch einwandfrei funktionieren.“

Textbaustein: Familie NRW Linkliste 2023

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