Ruhrgebiet. Die Warnstreiks in NRW sind am Dienstag weitergegangen. Frank Werneke von der Gewerkschaft Verdi schließt weitere Streiks im Frühling nicht aus.
- Die Streiks in NRW sind am Dienstag weitergegangen.
- In vielen Städten fuhren keine Busse und Bahnen
- Verdi spricht von rund 40.000 Streikenden.
- Verdi und der Beamtenbund dbb fordern 10,5 Prozent mehr Einkommen für die Beschäftigten
Nach Angaben des Verdi-Landesbezirks haben sich am Dienstag in Nordrhein-Westfalen rund 40.000 Personen an Warnstreiks beteiligt. Etliche Nahverkehrsbetriebe sind am zweiten Tag in Folge bestreikt worden, zum Beispiel in Essenund Oberhausen. Zu einer Großkundgebung in Gelsenkirchen kamen etwa 19.000 Demonstrierende (mehr Details aus unserer Gelsenkirchener Redaktion).
Die Gewerkschaft hatte außerdem vielerorts Beschäftigte aus Bereichen wie der Verwaltungen, kommunalen Betrieben, Kitas, Jobcenter und Sparkassen zu Warnstreiks aufgerufen. Auf einen Schlag streikten in Dortmund Kitas, Nahverkehr und Müllabfuhr sowie Angestellte bei Kliniken und Stadt (mehr Details). In einigen Kommunen sind im weiteren Wochenverlauf weitere Streiks geplant. Die Stadtverwaltung Ennepetal hat Streiks für Donnerstag angekündigt.
Verdi-Chef: Ohne Mindestbetrag keine Einigung
Kurz vor der dritten Tarifrunde im öffentlichen Dienst hat Verdi-Chef Frank Werneke eine Einigung ohne Mindestbetrag bei Einkommenssteigerungen ausgeschlossen und die Streikbereitschaft der Beschäftigten herausgestellt. „Und es wird keinen Abschluss geben ohne einen ausreichend hohen Mindestbetrag“, sagte Werneke am Dienstag vor zahlreichen Streikenden auf einer Kundgebung in Köln.
Die Gewerkschaft werde alles daran setzen, zu einem „guten Ergebnis“ in der dritten Verhandlungsrunde für die Beschäftigten von Bund und Kommunen zu kommen, die am kommenden Montag in Potsdam beginnt. „Aber wenn es nicht gelingt: Der Frühling naht und es kann sein, dass wir uns dann hier noch einmal wiedersehen sehen müssen, liebe Kolleginnen und Kollegen“, erklärte der Verdi-Vorsitzende vor den Streikenden.
Trotz der massiven Auswirkungen der Warnstreiks auf viele Bereiche des öffentlichen Lebens sieht Werneke einen großen Rückhalt für die Gewerkschaftsforderungen in der Bevölkerung. „Niemand freut sich wenn der Bus nicht kommt oder Abfall tagelang nicht weggeräumt wird“, sagte der Verdi-Chef. Der Gewerkschaft sei bewusst, dass Streiks im öffentlichen Dienst auch eine Belastung für die Bevölkerung seien.
„Allerdings würden die Streiks nicht wirken, dann würden wir ja am Verhandlungstisch nur noch kollektiv betteln und nicht wirklich auch mit Mächtigkeit auftreten“, unterstrich er. Verdi bekomme sehr viel Zuspruch aus der Bevölkerung und auch Meinungsumfragen zeigten, „dass der deutlich größere Teil der Bevölkerung uns unterstützt.“
Dass diese Unterstützung nicht überall gegeben ist, zeigen Gespräche unserer Redaktionen mit verärgerten Passantinnen und Passanten, die zu Fuß gehen mussten, wie zum Beispiel in Bochumund Bottrop.
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Streiks in NRW: Normalbetrieb an Flughäfen
Die beiden größten Flughafen in Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf und Köln/Bonn, sind nach dem Ende von ganztägigen Warnstreiks und dem Ausfall von insgesamt Hunderten Flügen in der vergangenen Woche weitgehend zum Normalbetrieb zurückgekehrt.
Worum geht es bei den Streiks?
Hintergrund sind die Tarifverhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes bei Bund und Kommunen sowie die bundesweiten Verhandlungen für die Beschäftigten der Luftsicherheit. Für beide Beschäftigtengruppen werden zurzeit Verhandlungen geführt.
„Die Beschäftigten machen mit den Streiks gemeinsam Druck auf die jeweiligen Arbeitgeber, weil in den bisherigen Verhandlungen im öffentlichen Dienst kein akzeptables Angebot unterbreitet wurde“, erklärte Andrea Becker, Landesfachbereichsleiterin von Verdi NRW.
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Was fordern die Arbeitnehmer?
Verdi und der Beamtenbund dbb fordern 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat. Ein Sprecher von Verdi NRW erklärte, die Streikbereitschaft sei sehr hoch. Mit dem jetzigen Einkommen sei bereits die heutige Verkehrsleistung im ÖPNV nicht zu halten, wurde Verdi-Verkehrsexperte Peter Büddicker in einer Mitteilung zitiert. Viele Beschäftigte kehrten der Branche den Rücken zu.
Was sagen die Arbeitgeber?
Die Arbeitgeber hatten bei den bundesweiten Verhandlungen für die Beschäftigten in Bund und Kommunen in Potsdam ein Angebot vorgelegt. Es umfasst unter anderem eine Entgelterhöhung von insgesamt fünf Prozent in zwei Schritten und Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 2500 Euro.
Wann ist die nächste Tarifrunde?
Die dritte Tarifrunde ist für den 27. bis 29. März in Potsdam geplant. Am 27. März soll die Tarifverhandlungen für die Beschäftigten in Bund und Kommunen fortgesetzt werden.
Sollte die dritte Tarifrunde Ende März keinen Durchbruch bringen, steht aus der Sicht des Verdi-Chefs Frank Werneke eine Urabstimmung über einen regulären Streik „auf der Agenda“. Bei einer Urabstimmung entscheiden die Verdi-Mitglieder, ob das Angebot abgelehnt wird und ob damit einhergehend der Arbeitskampf weitergeführt wird.
Welche Rechte habe ich als Fahrgast?
Kommt man wegen eines Streiks verspätet oder gar nicht ans Ziel, hat man nach Angaben der Verbraucherzentrale ein Recht auf Entschädigung. Dafür stellen die Deutsche Bahn und auch private Eisenbahnunternehmen ein Formular zum Herunterladen zur Verfügung. Anträge zur Entschädigung für online gekaufte Tickets können auch online, beispielsweise über die „DB Navigator“-App, gestellt werden.
(red/dpa)
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