Bauunternehmer sauer

Streit um Heizung hat fatale Folgen für Baubranche

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Wärmepumpen: Diese drei Arten gibt es

Wärmepumpen- Diese drei Arten gibt es

Viele Verbraucher stellen auf die Nutzung von Wärmepumpen um. Sie können aus drei verschiedenen Arten wählen.

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Berlin.  Eigentlich will die Ampel mit dem Heizungsgesetz Gebäude klimafit machen. Nun brechen den Firmen die Aufträge weg. Mit fatalen Folgen.

  • Monatelang hatte sich der Streit in der Ampel-Koalition hingezogen, auch die Opposition mischte immer wieder auf
  • Das führte zu Verunsicherungen, die nun weitere Folgen haben: Denn Hausbesitzer sind verunsichert, warten die Lage ab
  • Das hat einem Bauunternehmer zufolge dramatische Auswirkungen auf sein Geschäft

Fast zwei Drittel seiner Mitarbeiter seien mittlerweile in Kurzarbeit gesetzt, erzählt der Unternehmer am Telefon. „Und bei den Prognosen wird das nächste Jahr wohl noch schlimmer. Wenn es so weitergeht, wird uns nichts anderes übrig bleiben, als über Werkschließungen und Entlassungen zu sprechen.“ Der Unternehmer will weder seinen noch den Namen seiner Firma in der Zeitung lesen. Aber er spricht offen über die Probleme, vor denen seine Firma steht. Und er ist sauer. Auf das Chaos rund um das Heizungsgesetz. Auf die Förderpolitik. Und auf die widersprüchlichen Signale aus Berlin.

Eigentlich sollte der Unternehmer gerade Hochkonjunktur haben. Denn seine Firma ist auf die Sanierung von Gebäuden spezialisiert. Und der Gebäudesektor gehört zu den größten CO2-Emittenten in Deutschland. Will das Land seine Klimaziele erreichen, wird es nicht umhin kommen, viele Millionen Häuser zu modernisieren. Während die Bundesregierung den größten Hebel bei den Heizungen sieht, feilt die Europäische Union an Sanierungsplänen, um die Energieeffizienz von Gebäuden europaweit zu verbessern.

Heizung: Wärmepumpen-Förderung wird deutlich seltener nachgefragt

Doch den Eigentümerinnen und Eigentümern scheint die Lust darauf vergangenen zu sein, ihre Häuser klimafit zu machen. Das legen zumindest aktuelle Marktentwicklungen nahe. Beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) kommen derzeit nur noch wenige Förderanträge für eine neue Wärmepumpe an. 7541 Anträge zählte die dem Bundeswirtschaftsministerium unterstellte Behörde im Juni.

Bezeichnung der Förderung Zuschuss in Prozent
Grundförderung ("Basis-Zuschuss") 25
Heizungs-Tausch-Bonus 10
Wärmepumpen-Bonus 5
Summe aller staatlichen Zuschüsse 40

Ein Jahr zuvor waren es noch 22.826 Anträge. Und als Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) das Geld für Förderprogramme auszugehen drohte und er kurzfristig bei den Zuschüssen für Sanierungen und Heizungen kürzen musste, gingen im August des vergangenen Jahres gar 148.097 Anträge ein – ein absoluter Rekord. Im weiteren Jahresverlauf bewegte sich die Zahl zwischen 12.000 und 20.000 Anträgen.

Doch seit Beginn des aktuellen Jahres dümpelt die Zahl der monatlich gestellten Anträge kontinuierlich unter der 10.000er-Marke. „Die BAFA-Zahlen sind ein Zeugnis der enormen Verunsicherung, die das geplante Heizungsgesetz ausgelöst hat. Unsere Betriebe wissen nicht, wie sie rechtssicher beraten können, wie es mit der Förderkulisse weitergeht. Da kann es nicht überraschen, dass Verbraucher und Firmen in der derzeitigen Lage lieber abwarten“, sagt Frank Ebisch vom Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK).

Im vergangenen Jahr, als Habeck seine umstrittene Ankündigung zur neuen Förderkulisse machte, seien die Firmen „regelrecht überrannt“ worden: „Viele mussten Nachtschichten einlegen, um die Anträge zu bearbeiten.“ Nun ist es wieder ruhiger.

Heizen: Auch bei der Dämmung halten sich die Deutschen zurück

Zu ruhig ist es für Hans-Joachim Riechers und die Unternehmen, die er vertritt. Der diplomierte Bauingenieur ist Hauptgeschäftsführer des Verbands für Dämmsysteme, Putz und Mörtel (VDPM) und Riechers beobachtet derzeit eine Entwicklung, die ihn in seinen 35 Berufsjahren noch nicht untergekommen ist. Sowohl der Neubau als auch die Nachfrage nach Sanierungen brechen stark ein. „Die politische Diskussion ist auf die Heizungstechnik verengt. Das Thema Wärmedämmung ist für viele Immobilienbesitzer aus dem Fokus gerückt – das spiegelt sich am Markt wider“, sagt Riechers.

Schon um die Jahrtausendwende herum erlebte die Bauwirtschaft eine schwere Krise. Deutschland sei fertiggebaut, hieß es damals. Kapazitäten wurden zurückgebaut. Stattdessen wurde saniert. Deutschland, das Land der Dichter und Dämmer spotteten einige. Eine Entwicklung, die lange anhielt. „Vor zehn Jahren haben wir noch 40 Millionen Quadratmeter im Jahr gedämmt“, erinnert sich Riechers. Das könne man auch noch heute schaffen, die Kapazitäten habe die Branche. Tatsächlich dürften am Ende des Jahres nicht einmal 32 Millionen Quadratmeter neu gedämmt worden sein.

Das legen zumindest vorläufige Absatzzahlen von Wärmedämmverbundsystemen, die zur Dämmung von Außenwänden genutzt werden, nahe. In den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres wurden laut den Zahlen, die unserer Redaktion exklusiv vorliegen, 15 Prozent weniger gedämmt als noch im Vorjahr.

Umwelt- und Verbraucherschützer schlagen Alarm

Doch es ist nicht nur das Heizungsgesetz, das den Branchenverband erzürnt. Man ist auch sauer auf Bauministerin Klara Geywitz, nachdem die SPD-Politikerin im Frühjahr die Sinnfrage nach dem Dämmen gestellt hatte. Ihr Credo: Immer schärfere Dämmvorschriften verteuerten das Bauen zusätzlich. Beim VDPM will man davon naturgemäß nichts wissen. Nur im Dreiklang aus erneuerbaren Energien, Wärmeschutz und der Heizungstechnik sei der klimaneutrale Gebäudebestand zu schaffen, heißt es dort.

Abseits der Dämmlobby mehren sich die Sorgen ebenfalls. Im Juni appellierten Verbände der Energieberater und Energieeffizienz an Geywitz und die Landesbauminister, die energetische Sanierung nicht zu vernachlässigen. Wenig später schlugen die Maler Alarm. Und im Juli formulierten 15 Verbände, darunter der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) sowie Umweltverbände wie der NABU, WWF und der BUND einen Brandbrief an die Bundesregierung, dass der Einbruch bei der Gebäudesanierung Klima, Jobs und den sozialen Frieden gefährde.

Das Bundeswirtschaftsministerium verweist dagegen auf Anfrage auf die Zusagen der BAFA-Förderungen in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres und spricht von einer „regen Nachfrage“. Tatsächlich wurden im ersten Vierteljahr fast 125.000 Zusagen mehr als noch ein Jahr zuvor erteilt – allerdings handelt es sich um Anträge, die größtenteils im vergangenen Jahr eingegangen sind, also wenig Aussagekraft für die künftige Entwicklung haben.

Wohnungsunternehmen: Drastischer Rückgang bei den Modernisierungen

Von einer regen Nachfrage kann Axel Gedaschko jedenfalls nicht berichten. Im Gegenteil. Gedaschko ist Präsident des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW, zu dem neben den Dickschiffen der Branche wie Vonovia oder LEG vor allem viele Genossenschaften und städtische Wohnungsunternehmen gehören. „Die Unternehmen müssen Modernisierungsmaßnahmen verschieben und die noch machbaren Maßnahmen in ihrer Tiefe oft deutlich reduzieren“, sagt Gedaschko. Instandhalten statt modernisieren lautet nun das Credo.

10,5 Milliarden Euro gaben die rund 3000 Unternehmen im vergangenen Jahr aus, um die Wohnungen auf Vordermann zu bringen. Dabei sind die Investitionen in Modernisierungen bereits im Vorjahr um 6,8 Prozent gesunken, in diesem Jahr geht die Wohnungswirtschaft von einer weiteren Abnahme um 8,6 Prozent aus. Dass die Summe an Investitionen trotzdem recht stabil bleibt, liegt vor allem daran, dass im geänderten Zinsumfeld und angesichts gestiegener Materialpreise die Instandhaltung schlicht teurer geworden ist. „Die Klimaziele beim Wohnen rücken so in immer weitere Ferne“, sagt Gedaschko. „Und für die notwendige Schaffung neuer bezahlbarer Wohnungen bleibt gar kein Geld mehr übrig.“

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