Berlin. Die Wärmewende macht Installateure zum Ansprechpartner für neue Heizungssysteme. Wie beurteilen sie das neue Gebäudeenergiegesetz?
Das Telefon steht bei Heizungsinstallateuren dieser Tage kaum noch still. „Die Betriebe sind regelrecht bombardiert worden mit Anrufen“, sagt Helmut Bramann, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima (zvshk), dieser Redaktion. Der Grund: Die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes der Bundesregierung, das ab dem kommenden Jahr vorsieht, dass möglichst jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben werden muss.
„Seitdem die Entwurf-Fassungen der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes seit Ende Februar kursieren, hat das zu massiven Verunsicherungen bei den Kunden geführt“, sagt Bramann. In erster Linie wurden demnach diejenigen um Rat gefragt, die Heizungen installieren, also die Installateure. „Besorgte Kunden wollten beispielsweise schnell noch ihre Gastherme oder Ölheizung modernisieren lassen, mit dem Gedanken: Dann habe ich jetzt erstmal Ruhe.“
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Heizungen: Bei den Installateuren steht das Telefon nicht mehr still
Bramann berichtet, dass vor allem die Nachfrage nach herkömmlichen Heizungssystemen bei den Kunden groß ist. „Acht von zehn Anrufe drehten sich zuletzt nicht mehr um Nachfragen zu Wärmepumpen, was zuletzt ein Hochlauf war. Das stagniert nun. Sehr viel bezieht sich jetzt auf Heizungssysteme, die derzeit noch mit fossilen Energieträgern betrieben werden.“
Ein Beispiel: Sogenannte H2Ready-Geräte werden derzeit noch mit Erdgas betrieben. Durch eine einfache Umprogrammierung können sie aber theoretisch irgendwann mit Wasserstoff betrieben werden. „Der Tausch auf ein solches Gerät ist natürlich deutlich günstiger, als eine Wärmepumpe einbauen zu lassen“, weiß Bramann. Das sei auch für viele Kunden verlockend.
Rund 49.000 Betriebe, die im Schnitt laut dem zvshk-Hauptgeschäftsführer acht Mann stark sind, haben im vergangenen Jahr rund 900.000 Heizungen in Deutschland modernisiert. Davon waren rund 230.000 neu eingebaute Wärmepumpen. Mit Blick auf diese Zahlen zeigt sich Bramann gegenüber dem neuen Gesetz von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) optimistisch. „Ich denke also schon, dass man in den nächsten 20 Jahren den Austausch von Heizungen schaffen kann.“ Er sieht jedoch auch Probleme.
Probleme beim Heizungsgesetz: Keine Rechtssicherheit für bestehende Aufträge
Bramann kritisiert, dass es keine Rechtssicherheit für Aufträge gibt, die dieses Jahr abgeschlossen, aber erst ab 2024 durchgeführt werden. Wegen der vollen Auftragsbücher und teilweise Lieferschwierigkeiten keine Seltenheit für Installateure. „Stellen Sie sich vor: Sie beschließen jetzt mit ihrem Handwerker den Auftrag, eine neue Gastherme einzubauen. Er bestellt das Material, weil er aber noch nicht genau weiß, wann er alles zusammen hat, liegt der Termin Anfang nächsten Jahres. Aber dann heißt es beispielsweise vielleicht 2024 plötzlich, dass die kommunale Wärmeplanung Ihnen nicht mehr die Sicherheit geben kann, die Gastherme überhaupt betreiben zu können. Das mündet dann faktisch in einem Verbot des Auftrags.“
Der Auftrag müsste dann unter Umständen rückabgewickelt werden. Vorauszahlungen, die der Betrieb erhalten hat, um Material bestellen zu können, müssten zurückgezahlt werden. Dies könnte zu Liquiditätsproblemen führen. Bramann warnt: „Das alles wäre ein Riesen-Aufwand – und würde letztendlich die Kapazitäten für die Modernisierung zurückwerfen.“
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Der Handwerker ist per Gesetz verpflichtet, dass sein Werk bei der Abnahme, also der Installation, den aktuellen technischen Stand und die gesetzlichen Rahmenbedingungen einhält. Was aber heißt, dass für die im Gesetz vorgesehenen Ausnahmen – etwa dass Hauseigentümer, die älter als 80 Jahre sind, nicht unter die Austauschpflicht fallen? „Ein Heizungsinstallateur hat kein Recht, sich von jemandem einen Ausweis vorzeigen zu lassen, um zu kontrollieren, ob die Person alt genug ist, also 80 Jahre und älter, um eine alte Heizung einbauen zu lassen. Das gibt schlicht die gesetzliche Grundlage nicht her“, sagt Bramann.
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Heizungswende in Deutschland: Es fehlen rund 60.000 Installateure
Darüber, das nicht tun zu müssen, dürften die Sanitär- und Heizungsbetriebe wohl heilfroh sein. Schließlich haben sie mehr als genug zu tun. Neben den jährlich 9000.000 modernisierten Heizungssystemen bauen sie im Schnitt auch jedes Jahr etwa 1,2 Millionen Bäder um. „Barrierefreiheit im Bad bei einer alternden Gesellschaft – die Nachfrage steigt hier in den nächsten Jahren erheblich an“, sagt Bramann. Wolle man alle Märkte bedienen und sich nicht nur auf den Einbau von neuen Heizungen konzentrieren, würden derzeit rund 60.000 Installateure fehlen.
Der zvshk-Hauptgeschäftsführer beruhigt aber auch: „Eine Wärmepumpe einzubauen, ist keine Raketentechnologie. Vieles, was man zum Einbau einer Wärmepumpe wissen muss, ist den Betrieben schon längst bekannt und wird auch in der Ausbildung gelehrt.“ Zudem gebe es ein großes Angebot an Schulungen, was viele Betriebe auch annehmen würden. „Die stellen sich sehr schnell auf neue Marktgegebenheiten und Nachfragen ein.“ Sein Fazit: „Der Nachschulungsbedarf von Fachkräften ist also nicht so dramatisch, wie man vielleicht zuerst denken mag.“
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Ende von Öl- und Gasheizungen: Verbände klagen über Fachkräftemangel
Kritischer sieht das der Bundesinnungsverband des Deutschen Kälteanlagenbauerhandwerks (BIV). Auf Anfrage dieser Redaktion teilte Geschäftsführer Dietrich Asche mit: „Das Installieren einer Wärmepumpe ist ohne Vorkenntnisse nicht in Zwei-Wochen-Kursen zu erlernen, sodass auch der Faktor Zeit eine Rolle spielt, um ausreichendes Fachpersonal zu gewinnen.“ Er sprach in diesem Zusammenhang von einem Fachkräftemangel, der nochmals an Schärfe gewinne. Es bedürfe Anstrengungen von allen Seiten, um neue Fachkräfte zu mobilisieren beziehungsweise die vorhandenen Fachkräfte weiterzubilden.
Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), ist sich sicher: „Die Verfügbarkeit qualifizierter Fachkräfte im Handwerk wird der Dreh- und Angelpunkt des Erfolgs dieses Vorhabens sein.“ Er findet, dass das Handwerk „der geborene Partner der Energiewende“ sei. Er sieht die Politik in der Verantwortung, die berufliche Bildung so zu stärken, dass sich wieder mehr junge Menschen für einen Handwerksberuf entscheiden. „Die berufliche Bildung braucht wieder mehr Wertschätzung – einschließlich entsprechender finanzieller Förderung. Die Energiewende gelingt nur mit einer Bildungswende.“
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