Ein lebhaftes Jahr auf dem Land

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Hünxe.   Klein, ländlich, quirlig. So ist Hünxe, das zeigt einmal mehr ein Blick auf das Jahr 2016. Eine Nachricht, ganz profan, hat etliche Hünxer Pendler, aber auch Brummifahrer mit dem Ziel Bucholtwelmen, Hünxe, Voerde oder Wesel-Süd, jetzt am Jahresende erreicht: Endlich gibt es die Ampel an der A3-Abfahrt. Und, was gibt es sonst?

Klein, ländlich, quirlig. So ist Hünxe, das zeigt einmal mehr ein Blick auf das Jahr 2016. Eine Nachricht, ganz profan, hat etliche Hünxer Pendler, aber auch Brummifahrer mit dem Ziel Bucholtwelmen, Hünxe, Voerde oder Wesel-Süd, jetzt am Jahresende erreicht: Endlich gibt es die Ampel an der A3-Abfahrt. Und, was gibt es sonst?

Zähes Ringen um Windkraft

Unerfreuliches. Hünxe ist gastfreundlich, gibt Menschen in Not ein Dach über dem Kopf. Ehrenamtliche haben geholfen, den vor Gewalt und Krieg Geflohenen das Einleben im Ort zu erleichtern. Manche sind dafür mit Hassmails traktiert worden. Und sie haben sich gewehrt: Marion Hülser, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen, hat selbst diese angstmachende Erfahrung gemacht. Sie hat Anzeige erstattet.

Lange haben sie diskutiert, haben sich Anwohner gewehrt. Am Ende standen drei Konzentrationszonen für Windkraft. Das Problem: Ohne eine Entscheidung, wo die Räder stehen dürfen, könnten überall welche beantragt werden. Also musste eine Entscheidung her. Im Ergebnis kommt die Norderweiterung der Halde Lohberg mit drei Anlagen, außerdem Bruckhauser Mühlenbach Nord und Süd mit je zwei Windrädern. Untersuchungen finden statt, ob die riesigen Windräder mit dem Umwelt- und Naturschutz vereinbar wären. Im März gründete sich der „Förderverein Natur- und Landschaftsschutz Hünxe“, der sich gegen die Anlagen am Mühlenbach wehrt – offenbar vergebens. Das Genehmigungsverfahren läuft.

Eine Gastrasse im Dorf

Ebenfalls beunruhigend: Eine 215 Kilometer lange Gas-Pipeline von Zeebrügge ins westfälische Legden plant die Firma Open Grid Europe, das Projekt Zeelink. Ein Teil davon soll durch Drevenack führen, die Trasse könnte zwischen der Autobahnbrücke der A3 und Haus Schwarzenstein durch die Lippewiesen, dann durch das Hunsdorf, unter der B58 hindurch Richtung Postweg, weiter entlang des Lehmwegs zum Drevenacker Wachtenbrink hin laufen. 38 Meter breit soll die Schneise sein, das Rohr bis zu vier Meter tief in der Erde liegen.
Während dieses Projekt noch in der Planung ist, wurde ein sehr viel kleineres, deutlich erfreulicheres bereits umgesetzt: Drevenack hat eine bescheidene Dorfkirche, die Geschichte atmet. Gebete, die seit rund 800 Jahren in diesen Mauern gesprochen – oder auch nur gedacht wurden, machen das Gotteshaus zu einem besonderen Ort. Ein neuer Anstrich und mehr Licht haben die Kirche hell und freundlich gemacht, der Turm soll zum Friedensturm werden: Zum Gedenken an die Opfer der Kriege.

Wellen bis in den nordrhein-westfälischen Landtag schlug die Ablagerung von niedersächsischen Bohrschlämmen auf der Sondermülldeponie Hünxe, die für hochgiftige Abfälle gerüstet ist. Bis zu 200 000 Tonnen ölhaltige Bohrschlämme aus der sanierten niedersächsischen Grube „Erika“ sollten auf der Sonderabfalldeponie gelagert werden, teilte das Landesumweltministerium dem Landesumweltausschuss mit. Die AGR, Betreiberin der Deponie, versicherte, dass die Anlage für diesen Abfall ausgelegt sei, Belastungen des Schlamms mit Quecksilber und Arsen liegen unter den Grenzwerten. Die Sorge legt sich – und zwischen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen gibt es Gespräche, um die Menge des deponierten Materials zu regulieren.

Eine ungewöhnliche Erfolgsgeschichte wurde 2016 ungebremst fortgeschrieben: Die Schwimmfreunde Hünxe haben das Hallenbad, das sie 2014 marode von der Gemeinde übernommen haben, saniert – mit finanzieller Hilfe der Gemeinde und mit vielen, vielen Stunden, die sie in ihr Projekt gesteckt haben. Inzwischen hat Hünxe ein runderneuertes und nahezu barrierefreies Hallenbad – dank eines Lifts können selbst Rollstuhlfahrer es nutzen. 2,3 Millionen Euro sind inzwischen geflossen, gut die Hälfte ging in die Technik. Am 15. Januar war es soweit, das Bad öffnete wieder, und die Hünxer konnten sich von seiner Verwandlung überzeugen. Jedes Kabel und jedes Rohr ist neu, erläuterte Vorsitzender Dr. Hartmut Weddige.

Lärmdebatten am Modellflugplatz

Anwohner wehren sich dagegen, dass der Modellflug-Sportclub Testerberge (MFSC) seinen Platz ins Landschaftsschutzgebiet verlegen will. Der Streit schwelt seit Jahren - die Mini-Flieger seien zu laut, befürchten die Anwohner. Ein Lärmgutachten widerspricht in diesem Jahr: Die Immissionsrichtwerte würden um mindestens 1 dBA unterschritten. Streitpunkt ist, dass die Politik den Bereich auf ein Mischgebiet festgelegt hat, statt des ursprünglich von der Verwaltung angedachten Allgemeinen Wohngebietes. Letzteres hat einen höheren Lärmschutz.

Im Januar geht das Projekt „Glasfaser für Hünxe“ an den Start. Das Unternehmen Deutsche Glasfaser will schnelles Internet auch in die ländlichen Haushalte legen. Voraussetzung: Mindestens 40 Prozent der infrage kommenden Haushalte müssen sich vertraglich verpflichten. Das gelingt: Hünxe bekommt den für den ländlichen Raum überlebenswichtigen Glasfaserausbau.

Am 19. Februar stirbt Eva Pankok im Alter von 90 Jahren. Ein Leben lang hatte sie das Erbe ihres Vaters, des Expressionisten Otto Pankok, auf Haus Esselt in Drevenack gepflegt. Pankok und seine Frau, die Journalistin und Verlegerin Hulda, waren von der Gedenkstätte Yad Vashem als Gerechte unter den Völkern geehrt worden. Eva, die anders als ihr Vater in Farbe malte, erhielt eine Gedenkfeier in der evangelischen Dorfkirche Drevenack – viele Menschen kamen und trauerten um die Künstlerin, die immer ein offenes, gastfreundliches Haus geführt hat.

Aus der Kämmerei kamen gegen Jahresende gute Nachrichten: Hünxe, seit 2009 in der Haushaltssicherung und damit zum Sparen gezwungen, will 2018 oder 2019 endlich wieder eine schwarze Null schreiben, früher als ursprünglich geplant. Dann – und wie eine Diskussion im Haupt- und Finanzausschuss zeigte, erst dann – kann man beginnen, über Steuersenkungen zu diskutieren. Aber das ist Zukunftsmusik.

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