Starke Mädchen

Oberhausener Grundschülerinnen trainieren Selbstbewusstsein

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„Starke Mädchen“ rufen die Schülerinnen laut von der Brücke im Kaisergarten. Vor sechs Monaten hätten sich das einige von ihnen nicht getraut.

„Starke Mädchen“ rufen die Schülerinnen laut von der Brücke im Kaisergarten. Vor sechs Monaten hätten sich das einige von ihnen nicht getraut.

Foto: Tom Thöne

OBERHAUSEN.   In der Mädchen AG haben Drittklässlerinnen mit Sozialarbeiterinnen selbstbewusstes Auftreten geübt. Heute trauen sie sich auch mal laut Nein zu sagen

Madlaine ist richtig stolz, als sie erzählt, was sie geschafft hat. „Ich habe so ein dickes Brett durchgehauen“, sagt das zehnjährige Mädchen. Dabei deutet sie mit Daumen und Zeigefinger die Dicke des Brettes an und die ist für eine Grundschülerin beachtlich: drei Zentimeter.

Doch Madlaine ist nicht die einzige, die das geschafft hat. Alle 26 Mädchen erzählen aufgeregt von ihren Erfahrungen. Vor einem halben Jahr wäre dieses selbstbewusste Auftreten für viele von ihnen undenkbar gewesen. Die Mädchen AG hat ihnen geholfen, das zu ändern.

Die Schulsozialarbeiterinnen der Brüder-Grimm-Schule, der Jacobischule, der Wunderschule und der Schule am Siedlerweg, unter der Trägerschaft der Awo, haben dieses Programm entwickelt. Gefördert wurde die Mädchen AG durch den Zonta-Club Oberhausen, in dem sich die Mitglieder dafür einsetzen, die Stellung der Frau im rechtlichen, politischen, wirtschaftlichen und beruflichen Bereich zu verbessern.

Beim ersten Treffen hat kein Mädchen gesprochen

Unter dem Motto „Typisch Mädchen? – ich kann alles, was Jungs auch können!“ haben Schulsozialarbeiterinnen Übungen erarbeitet, um das Selbstbewusstsein und die Sozialkompetenzen zu stärken. Und das hat geklappt: „Hier ist kein Mädchen so verschüchtert wie noch am Anfang,“ sagt die Schulsozialarbeiterin der Wunderschule Annika Niemeier.

Ihre Kollegin von der Brüder-Grimm-Schule, Jasmin Steinberg, erinnert sich noch gut an das erste Treffen. „Die Mädchen sollten gemeinsam eine Brücke aus Strohhalmen und Streichhölzern bauen. Da hat keine auch nur ein Wort gesagt, bis wir den Raum für fünf Minuten verlassen haben.“

Maximal acht Mädchen aus den dritten Klassen der vier Grundschulen konnten an dem Projekt teilnehmen. „Die Lehrer haben sie uns vorgeschlagen, schließlich wissen sie am besten, welche Mädchen sehr schüchtern sind und Unterstützung brauchen“, sagt Annika Niemeier.

Einmal die Woche haben sich die Mädchen in der jeweils eigenen Schule getroffen, während einer Projektwoche in den Herbstferien haben alle Schulen zusammengearbeitet – Themen waren unter anderem Freundschaft und Liebe, die mit den Mitarbeitern des Mädchenmobils „Flotte Lotte“ besprochen wurden.

Mädchen lernen Kampfsportart Wendo

Weiter sollten sich die Mädchen Gedanken machen über die Fragen „Wer bin ich?“ und „Wie schaffe ich es, meine Wünsche zu verwirklichen?“. Aber auch ein gemeinsames Frühstück, ein Besuch im Hochseilgarten und die Kampfsportart Wendo standen auf dem Plan.

Der Auslöser für das Projekt war die Kölner Silvesternacht. „Wir müssen die Mädchen stärken, damit sie lernen, sich zu wehren“, sagen die Schulsozialarbeiterinnen. Deshalb gibt es auch an jeder Schule eine Mädchen AG, die sich unabhängig von dem geförderten Projekt weiter um die Schülerinnen kümmert.

Die neunjährige Neslihan hat oft geträumt, dass sie auf dem Schulweg entführt wird. „Das war wirklich schlimm. Jetzt ist das zum Glück vorbei. Wendo hat mir sehr geholfen. Ich fühle mich sicher“, sagt sie. Das Brett hängt als Symbol an einer Wand in ihrem Kinderzimmer. „Ich sehe das jeden Morgen und fühle mich noch stärker, wenn ich zur Schule fahre.“ Das Brettzerschlagen hat bei den Mädchen am meisten bewirkt. Sie haben gespürt, dass sie mehr können, als sie anfangs glaubten.

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