Mülheim. Für Investitionen an Mülheims Theater sollen Etatmittel fließen, ohne dass die Finanzpolitik ein Wort mitreden darf. Der Trick stößt auf Kritik.
Wer finanziell aus dem letzten Loch pfeift wie die Stadt Mülheim, ist möglicherweise geneigt, mit äußerst kreativer Haushaltsführung doch noch kostspielige Dinge zu realisieren, die den Rahmen im ordentlichen Etat sprengen würden. Genau dies plant die Stadt derzeit wieder: An den Gremien des Stadtrates vorbei sollen einige Hunderttausend Euro für das Theater an der Ruhr lockergemacht werden. Das gefällt nicht jedem, eine öffentliche Debatte dazu ist aber nicht vorgesehen.
Insgesamt bis zu 390 000 Euro beansprucht das Theater laut einem nicht öffentlichen Papier zum Wirtschaftsplan 2016/17, der aufgrund der Beteiligungsstrukturen (die Stadt hält nicht 100, sondern nur 98,42 Prozent der Gesellschaft) lediglich vom Aufsichtsrat des Theaters und der Gesellschafterversammlung der städtischen Beteiligungsholding abzusegnen sein soll.
Es soll neue Stühle und Technik für das Theater geben
Unter anderem soll es neue Sitze und einen neuen Teppich im Theatersaal geben, mehr als 100 000 Euro für die Modernisierung oder den Ersatz von Bühnentechnik, unter anderem für ein neues Traversensystem. Aus Eigenmitteln könnte das Theater eine solche Investition nicht stemmen, gewöhnlich wäre ein Investitionszuschuss aus dem städtischen Haushalt zu gewähren – mit dem Segen der Ratspolitik.
Doch diesen Weg der öffentlichen Debatte umgeht die Stadt nun. Trickreich schaltet sie die politische Entscheidungshoheit aus: Die Finanzierung der „Sonderinvestition“ soll darüber erfolgen, dass der städtische Immobilienservice über einen unbestimmten Zeitraum die Miete für das Theater mindert, die einbehaltenen Mietzahlungen fließen beim Theater in einen Sonderposten für jene Investition.
„Schulen und Kindertagesstätten warten auf Gelder“
Die Umgehung einer politischen Zustimmung im für den Immobilienservice zuständigen Finanzausschuss brüskiert manch ein Ratsmitglied. Eine Aussprache über die ungewöhnliche Finanzierung und das Heraushalten der Politik soll abgewürgt worden sein, heißt es hinter vorgehaltener Hand.
„Praktisch investiert der Immobilienservice, aber in seinem Investitionsplan taucht die Maßnahme gar nicht auf“, beklagt ein Ratsmitglied auch mit Blick darauf, dass aufgrund der Etatprobleme gewöhnlich ein hartes Ringen um die Priorität von wünschenswerten und notwendigen Investitionen stattfindet. „Andere Schulen und Kindertagesstätten warten auf Gelder und das Theater macht sich durch die Hintertür eine Renovierung vom Feinsten“, beklagt ein Ratsmitglied eine Bevorzugung des Theaters.
Beteiligungs-Chef sieht Stadt am Theater in der Pflicht
Dr. Hendrik Dönnebrink als Oberaufseher der städtischen Beteiligungen sucht die Wogen zu glätten. Der Mietvertrag mit dem Theater verpflichte die Stadt, ein bespielbares Theaterhaus zur Verfügung zu stellen, dafür zahle das Theater „eine recht hohe Miete“, kolportiert wird eine Jahresmiete von rund 300 000 Euro. „Mit der Mietminderung ermöglichen wir nun das, was im Mietvertrag drinsteht.“
Das Theater sei seit rund 25 Jahren am Raffelberg in Betrieb, da sei es „naheliegend, dass mal was zu erneuern ist“. Die Entscheidung sieht Dönnebrink im Übrigen nicht an der Politik vorbei getroffen. In die entsprechenden Aufsichtsräte seien schließlich Ratsvertreter entsandt.
Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Mülheim