Erotik, Arroganz, Wahnsinn

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Was die Welt im Innersten zusammenhält: Der Faust des Theaters Kohlenpott lebt in erster Linie von der Tatsache, dass eine Frau den Teufel spielt. Schwere Kost in den Flottmann-Hallen

"Da steh ich nun, ich armer Tor . . ." Der Anfang von Goethes Faust ist ebenso bekannt wie das tragische Ende. Eine schwierige Aufgabe also, dem Stück noch etwas Neues abzugewinnen. Das Theater Kohlenpott hat es mit seiner neuesten Produktion versucht und geschafft. Am Donnerstagabend feierte "Faust - Das verlorene Paradies" in den Flottmann-Hallen Premiere.

Und Regisseur Martin Fendrich machte sich mit Lena Schwarz (Schauspielhaus Bochum) als Mephisto/Gretchen und Ralf Dittrich (Nationaltheater Mannheim) als Faust auf die Sinnsuche nach dem, "was die Welt im Innersten zusammenhält".

Dabei sorgten nicht nur das Bühnenbild (Uwe Marx) aus Sand, Holzbrücken, einer Leinwand mit Videoanimationen (unter anderem waren Bilder der Reichspogromnacht zu sehen) und die vielen einfallsreichen Lichteffekte für moderne Akzente.

Nein, es ist vor allem die Idee, den Teufel eine Frau spielen zu lassen, die dem Stück eine interessante neue Note gibt. Und wenn Lena Schwarz diesen Teufel spielt, ihn zwischen Erotik, Arroganz und Wahnsinn zu einer Furie werden lässt, ist das brillant. Tragisch, komisch und fesselnd zugleich.

Insgesamt sahen die Premierenbesucher eine großartige Faust-Inszenierung. Doch letztlich bleibt Faust Faust. Und damit eines der komplexesten Werke der deutschen Literatur. Verkürzt auf 90 Minuten Spielzeit und vermischt mit den tief religiösen Vorstellungen aus John Miltons Epischem Gedicht "Verlorenes Paradies", ein sehr anspruchsvolles und schwer zu verstehendes Stück. Ob sich ein Theater, das durch seinen Namen "Kohlenpott" eine bestimmte Stellung zumindest suggeriert, mit dieser Stückauswahl einen Gefallen getan hat, werden die kommenden Aufführungen zeigen.

Das Premierenpublikum jedenfalls war zwar begeistert von der aufwändigen Inszenierung und der grandiosen Leistung der Darsteller. War aber auf der anderen Seite zum Teil deprimiert, weil es der Handlung nur schwer folgen konnte und in die Goethe'sche Sprache (von 1808) sowie die Hamilton'sche Gedankenwelt (von 1667) nie richtig hineinfand.

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