Kultur

Meister der Kleinkunst begeistert im Stadtmuseum Hattingen

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Musikkabarettist Matthias Ningel befasste sich im Stadtmuseum mit der existenziellen Frage „Kann man davon leben?“ Foto:Walter Fischer

Musikkabarettist Matthias Ningel befasste sich im Stadtmuseum mit der existenziellen Frage „Kann man davon leben?“ Foto:Walter Fischer

Hattingen.  Der Musiker, Sänger, Schauspieler und Kabarettist Matthias Ningel überzeugte sein Publikum im Stadtmuseum Hattingen – kann er davon leben?

Liedermacher und Humorist nennt er sich, aber er ist viel mehr: Matthias Ningel ist ein Allroundtalent: Musiker, Sänger, Schauspieler und Kabarettist – und vor allem ein Meister der Kleinkunst. In seinem Programm „Kann man davon leben“ hinterfragte er im voll besetzten Stadtmuseum in seiner leisen und nachdenklichen Art, die aber genau ins Schwarze trifft, unsere Lebensgewohnheiten.

Und die entpuppen sich bei näherem Hinsehen oft als ganz schön skurril. Nur dass wir selbst das gar nicht mehr merken. Erst wenn Matthias Ningel uns lässig plaudernd und Klavier spielend mit seiner feinsinnigen Art einen Spiegel vorhält, wird klar, dass wir schon lange nicht mehr loslassen können. Der Lehrer lehrt nach Feierabend weiter und die Ärztin sagt ihrem neuen Flirt: „Ich möchte Sie zur Beobachtung hier behalten.“

Alles muss gerankt und optimiert werden

Alles muss gerankt und optimiert werden. Warum eigentlich? Menschen werden dabei zum Zerrbild ihrer selbst, zu Rosinenpickern, die sich an ein Klima von Spott, Häme und Beleidigungen gewöhnen, findet Ningel. Und so richtig freuen kann man sich auch nicht mehr. Ist der Urlaub wirklich entspannender und schöner, nur weil die Reise möglichst weit weg geht und möglichst teuer ist? Dabei machen wir uns einen Stress, der mit Erholung nichts mehr zu tun hat.

„Traurige Touristen“ heißt das Lied von Matthias Ningel, in dem er von Erlebnishungrigen singt, die freudlos aus Helis heraus winken oder melancholisch über schwarze Pisten rasen und dabei die Naturschönheiten gar nicht mehr wahrnehmen können. „Draußen schwimmt ein Buckelwal? - Scheißegal.“ Diese Touristen fragen einen kubanischen Taxifahrer nach seiner Arbeit: „Kann man davon leben?“ und entpuppen sich als die Kolonialisten von heute. Und haben an all dem Gehetze, das doch so hip sein soll, nicht die geringste Freude.

Als Alternative schlägt Ningel „Zerebraltourismus“ vor. Die Selbstfindung müsse schließlich im eigenen Kopf anfangen. Hinter der Bildungslücke ist immer noch Platz für einen Gedankengang. Zum Glücklichsein brauche man keine Grachten und keine Yachten, nur die Phantasie.

Erfrischend und tiefsinnig

Überhaupt könnte man doch versuchen, jeder Sache auch etwas Positives abzugewinnen, schlägt Ningel vor. „Sie haben noch zwei Monate zu leben.“ Okay – nie wieder Steuererklärung!

Mach’ dir klar, was du hast, und sei den Menschen, die dich umgeben, ein guter Freund – dieser Appell ist Ningels Lebensweisheit, nach einem unterhaltsam-witzigen, erfrischenden und doch so tiefsinnigen Blick auf die Absurditäten unseres Lebens.

>>> Noch dreimal Kleinkunst in diesem Frühjahr

Freitag, 29. März, 20 Uhr: Mascha Kaléko – „Zum Anderssein gehört vor allem Mut!“; Lesung und Musik mit Jutta Hoppe

Freitag, 26. April, 20 Uhr: Marco Tschirpke – „Empirisch belegte Brötchen“; Gedichte & Lieder – in komischer Manier

Freitag, 10. Mai, 20 Uhr:
Susan Weinert Rainbow Trio – Contemporary Trio Music
Info & Tickets: 204-3501

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