Gelsenkirchen. Weekend lebt in Stuttgart, dreht Videos in LA. Trotzdem ist es wieder Gelsenkirchen, das auf seinem neuen Album besonders gefeiert wird. Warum?
- Rapper Weekend hat sein neues Album „Gorgonzola Swimming Vol. 1“ veröffentlicht.
- Obwohl er mit seiner Familie in Stuttgart lebt, rappt Weekend wieder viel über Gelsenkirchen auf der neuen Platte – feiert sie sogar ab wie den Luxus-Ferienort St. Moritz.
- „Aus der Ferne liebe ich diese Stadt noch mehr, die Leute, den Fußballclub“, sagt Weekend im WAZ-Interview.
Er hat eine Familie in Stuttgart gegründet, die letzten Musikvideos im sonnigen Los Angeles gedreht. Aber es ist weder die Meldeadresse noch der Sehnsuchtsort, sondern wieder einmal dieses Gelsenkirchen, dem Weekend einen Song auf seinem neuen Album gewidmet hat. Auch wenn man beim Songtitel („St. Moritz“) zunächst nicht darauf kommen würde, dass man an der Emscher ist: „Biege auf die Grothusstraße ab, hier ist wie St. Moritz, wenn es schneit“, rappt Gelsen-City’s bekanntester Rap-Export auf seinem neuen Album „Gorgonzola Swimming Vol. 1“.
Was der Vergleich mit dem Alpen-Paradies soll? „Gelsenkirchen hat es sich einfach mal verdient, so wie St. Moritz gefeiert zu werden“, sagt der Mittdreißiger und mittlerweile zweifache Vater im WAZ-Interview. Der Tenor des Songs: Pfeif auf die letzten Plätze in den Städterankings, Gelsenkirchen ist trotzdem cool. „Man muss ja nicht immer nur auf die bad news schauen – auf die Kinderarmut, die Arbeitslosigkeit, den Schalke-Abstieg“, sagt Weekend vom Balkon in Stuttgart aus. „Aus der Ferne liebe ich diese Stadt noch mehr, die Leute, den Fußballclub.“ Christoph Wiegand, der Anti-Bielendorfer?
Weekends neues Album „Gorgonzola Swimming“: „Bislang mein Bestes“
Optimistisch, lebensbejahend ist das elf Tracks starke Album an den meisten Stellen. Es fühlt sich warm an, die richtige Platte für den warmen Spätsommer. Dass die Videos zum Album in Kalifornien entstanden sind, passe da gut zum Gefühl der Platte, findet Weekend selber. Und auch der etwas eigenartige Albumtitel „Gorgonzola Swimming“ zielt auf das gemütliche Gesamtgefühl ab.
„Gorgonzola ist geil, ein Genießerding“, sagt der hauptberufliche Sozialarbeiter am Hörer. Aber der Blauschimmelkäse müsse schon beste Qualität haben, damit er auch entsprechend zu genießen sei. Der Vergleich zum Album: „Das ist die beste Platte, die ich bis jetzt gemacht habe.“ Zumindest sieht Weekend das aktuell so. Und immerhin hatte dieser Mann vor acht Jahren mal ein Album auf Platz 1 der Deutschen Charts („Für immer Wochenende“).
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An der aufwendigeren Produktion, den Instrumenten liegt Weekends Zufriedenheit mit dem Gesamtwerk – nicht selbstverständlich für ein puristisches Rap-Album. Ein Vorbild dürfte der 2018 mit 26 Jahren an einem gefährlichen Drogen-Cocktail verstorbene US-Rapper und Multiinstrumentalist Mac Miller gewesen sein, ein musikalischer Allzeitbegleiter für viele Hip-Hop-Fans aus Weekends Generation. Mac Miller ist tatsächlich auch das andere Wort des Albumtitels gewidmet: „Swimming“ – so hieß das letzte Album, das er vor seinem Tod veröffentlichte.
Weekend rappt auf dem neuen Album über Depressionen
Trotz der Leichtigkeit steckt also auch Nachdenklichkeit in Weekends mittlerweile fünftem Solo-Album, ganz besonders in dem Song „Loch im Herz“, der sich mit seinem Uptempo-Beat auch soundtechnisch vom Rest der Tracklist abhebt und die mentalen Krisen eines guten Freundes verarbeitet. „Meine Nachrichten bleiben ungelesen / Ich glaube; du hast wieder eine Scheißwoche / Ich frage mich, ob ich’s besser oder schlechter mache, wenn ich vorbeikomme“, beginnt Weekend den Song und rappt im Refrain: „Dein Kopf hat dir den Krieg erklärt / Du kannst die Schlacht gewinnen, doch es gibt keinen Frieden mehr.“
„Ich habe mehr als einmal in meinem Leben erlebt, dass da eine krasse Ohnmacht ist, wenn jemand, den du kennst, an Depressionen erkrankt ist“, sagt Wiegand über den Song. Damit richtig umzugehen, das sei ein „heftiger Lernprozess“, das Verhalten des anderen nicht auf sich zu beziehen, sondern empathisch zu sein und keine Schuldgefühle zu vermitteln. „Man will für den anderen da sein“, sagt Wiegand. Aber manchmal baue man genau damit zu viel Druck auf.
„Loch im Herz“ zeigt aber einen Weekend, der es geschafft hat, mit der Depression seines Freundes umzugehen. Der Song ist keine reine Problembeschreibung, er ist konstruktiv. So wie das ganze Album einen Künstler ohne Blockaden zeigt, jemanden, der den Weg herausfindet. „Wenn ihr das hier hört, bin ich aus dem Loch“, rappt er auf dem letzten Song der LP. „Jede Zeile macht wieder Spaß.“ Stimmt. So viel wie eine gute Gorgonzola-Sauce.
Weekend geht im September und Oktober auf „Mozzarella Diving“-Tour und macht u.a. Halt in Bochum im Bahnhof Langendreer (29. September) und Köln im Veedel Club (7. Oktober). Tickets gibt es auf ilovewochenende.de
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