In Kita gestorben

Nach Mega-Panne am Gericht: Prozess nach Tod in der Kita

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Ein Zweijähriger starb im August 2021 in einer Gelsenkirchener Kita an der Franz-Bielefeld-Straße. Der Prozess gegen zwei Erzieherinnen wird am 20. Oktober 2023 neu aufgerollt.

Ein Zweijähriger starb im August 2021 in einer Gelsenkirchener Kita an der Franz-Bielefeld-Straße. Der Prozess gegen zwei Erzieherinnen wird am 20. Oktober 2023 neu aufgerollt.

Foto: Sinan Sat / WAZ

Gelsenkirchen.  In einer Gelsenkirchener Kita stirbt ein Zweijähriger. Zwei Erzieherinnen sind angeklagt. Bald startet der Prozess nach Mega-Panne am Gericht.

Eine äußerst unglückliche Termin-Konstellation führte im Frühjahr dazu, dass der Prozess gegen zwei Erzieherinnen nach dem Tod eines zweijährigen Jungen in einer Gelsenkirchener Mini-Kita Ende August 2021 gleich nach Beginn schon wieder abgebrochen werden musste. Denn in einer Sitzungspause wurde festgestellt, dass ein Schöffe an dem Fortsetzungstermin am 3. Mai im Urlaub ist – und der Prozess deswegen verschoben werden muss. Ein Ersatztermin innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist von drei Wochen ließ sich nicht finden. Am 20. Oktober soll der Prozess nun neu aufgerollt werden.

Doch das war im Frühjahr nicht die einzige Panne beim kurzen Prozessauftakt: Zunächst fehlten Dolmetscher für die Kommunikation der Beteiligten. Die Eltern des verstorbenen Jungen sprechen Arabisch, Deutsch nur rudimentär. Bei der älteren Angeklagten ist es ähnlich, sie spricht Spanisch.

Ein Sachverständiger, der zu der Todesursache Auskunft geben sollte, war zudem nicht zum Prozessauftakt erschienen – der Gerichtsmediziner sei inzwischen pensioniert und habe „keine Lust gehabt“, zu kommen, teilte Richter Karl-Martin Lux verblüfft mit.

Angeklagt sind zwei Tagesmütter (26, 38), denen die Staatsanwaltschaft fahrlässige Tötung vorwirft. Den bisherigen Ermittlungen zufolge hatte der Junge in der Mini-Kita an der Franz-Bielefeld-Straße unten in einem Holz-Hochbett gelegen und die nicht fest verankerte Bodenplatte des darüberliegenden Bettes hochgedrückt. Als die elf Kilogramm schwere Spanplatte wieder herunterrutschte, sei er mit dem Kopf zwischen Bett und Bodenplatte eingeklemmt worden und erstickt.

Keine Schlafwache, kein Babyfone in Gelsenkirchener Mini-Kita

Was genau damals während der Mittagspause in der Mini-Kita passierte, dazu hatten die beiden 38 und 26 Jahre alten Tagesmütter im Frühjahr vor Gericht geschwiegen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Junge nicht schlafen konnte. Die beiden Tagesmütter hätten durch die geschlossene Tür von draußen sein Quengeln gehört, hätten aber trotzdem nicht nach ihm geschaut. Irgendwann wurde der Junge still. Die Tagesmütter hätten gedacht, er sei eingeschlafen. Als sie eine Stunde später nach den Kindern schauten, war der Zweijährige erstickt.

Dass ein Erzieher oder eine Erzieherin im selben Raum Wache hält, in dem Kita-Kinder ihren Mittagsschlaf halten, ist in Gelsenkirchen jedenfalls nur in größeren Kindertagesstätten üblich. Die Mini-Kitas, in denen sich zwei Honorarkräfte um maximal bis zu neun Kinder kümmern, gestalteten laut Stadt ihren Tagesablauf selbst – und somit auch die Frage, ob sie Schlafwache halten oder nicht.

Die Anklage wirft den Erzieherinnen vor, ihre Aufsichtspflicht verletzt zu haben. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft hätte der Tod des Jungen verhindert werden können, wenn sie im Raum anwesend gewesen wären, oder wenigstens die Geräusche im Zimmer mit einem Babyfon überwacht hätten.

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