Gelsenkirchen. Sie will „das gleiche Recht haben wie Männer“. Für eine Gelsenkirchenerin steht fest: Sie will ohne Bikini-Top ins Schwimmbad. Geht das in GE?
Nach Freibad-Saison sieht es draußen noch nicht aus. Aber in ganz Deutschland wird in Talk-Shows und Radiosendungen, Schlagzeilen und Kommentarspalten seit Wochen heftig diskutiert. Und jetzt ist die „Oben-ohne“-Debatte auch in Gelsenkirchen angekommen: Mabel-Mara Platz, Aktivistin für Frauenrechte und Grünen-Politikerin, hat genug davon, „im Schwimmbad anders behandelt zu werden als Männer“. Für sie steht schon jetzt fest: „Ich werde es im Sommer ohne Bikini-Oberteil versuchen – nicht um zu provozieren, sondern weil ich das gleiche Recht haben will wie die Männer.“
Für die 28-Jährige wäre das eine „Entsexualisierung der weiblichen Brust“ – und eigentlich ein alter Schuh.„In den Achtzigern sind Frauen auch schon oben ohne herumgelaufen.“ Und damals wie auch heute gelte: „Jede Frau sollte das selbst entscheiden dürfen“, meint Platz. „Wir haben berechtigterweise auch akzeptiert, dass Frauen verschleiert ins Schwimmbad gehen. Wir sollten genauso akzeptieren, wenn sie blankziehen möchten.“
„Oben-ohne-Schwimmen“: Das sagt die Badeordnung in Gelsenkirchen
Schließlich sei Sexualität doch „längst kein verruchtes Thema mehr“, was sich aus Sicht der Grünen auch daran zeige, wie offen heute über Geschlechtsidentitäten und sexuelle Orientierung geredet werde. Und für nicht-binäre und queere Menschen sei mehr Offenherzigkeit bei der Badekleidung schließlich auch ein wichtiges Thema. „Wer sich als Mann fühlt, muss dann keinen Frauen-Bikini mehr anziehen.“
Gesellschaftliche Akzeptanz wäre das eine, die gegenwärtige Badeordnung das andere. Und in dem Regelwerk der Stadtwerke, die in Gelsenkirchen Hallenbäder, das Sportparadies und das Jahnbad betreiben, heißt es: „Der Aufenthalt in den Bädern ist in üblicher Badekleidung gestattet.“ Verstanden werden darunter Badehosen, Badeanzüge, Bikinis sowie Burkinis. Deutlich macht die Badeordnung allerdings nicht, ob nur die primären oder auch die sekundären Geschlechtsteile verdeckt werden müssen – wobei ein Bikini ja bekanntlich aus zwei Teilen besteht.
Revierpark Gelsenkirchen: Geschäftsführung will Badeordnung überarbeiten
Insofern wäre es durchaus Auslegungssache, ob eine Badeordnung in dieser Form das „Oben-ohne-Baden“ bei Frauen erlauben würde. Ähnlich sieht es im Revierpark Nienhausen aus, weshalb Geschäftsführer Franz Dümenil auf Nachfrage Folgendes sagt: „Wir würden es aktuell tolerieren, wenn eine Badegästin ohne Bikini-Oberteil bei uns schwimmen würde, aber wir wollen die Badeordnung bis zur Freibad-Saison konkretisieren.“ Es soll also eindeutig festgehalten werden, dass das Tragen angemessener Badekleidung auch außerhalb des Sauna-Bereichs nicht zwingend das Verdecken der weiblichen Brust beinhaltet.
Sollen sich die Bäder in Gelsenkirchen bis zur Freibad-Saison nicht von alleine bewegt haben, behält sich Mabel-Mara Platz, die auch Fraktionsvorsitzende der Grünen im Süden ist, vor, das Thema auf politischer Ebene zu spielen. Die Grünen seien „intern noch in Absprache“, angedacht sei jedoch bereits, dass Thema zum Hauptausschuss im Mai diskutieren zu wollen. Mit Gegenwind auf konservativer Seite rechnet Platz jedenfalls schon fest. „Man macht sich nicht nur Freund*innen, wenn man fürs Oben-ohne-Schwimmen plädiert“, sagt sie. „Ich aber kann überhaupt nicht verstehen, wie man dagegen sein kann.“
Erst in Göttingen, dann in Berlin: Beschwerden sorgen für bundesweite Diskussionen
Bereits im vergangenen Jahr sorgte ein Fall in Göttingen für bundesweite Diskussion. Auslöser war eine Person, die sich weder als Frau noch als Mann sah und obenrum nackt schwimmen ging. Die Stadt erlaubte das oberkörperfreie Baden für alle Menschen zunächst in einem Testversuch und weitete die Regel nach positiver Rückmeldung dauerhaft aus. Dieses Jahr hatte sich dann eine Rettungsschwimmerin in Berlin per Beschwerde an die verantwortliche Ombudsstelle für Gleichbehandlung gerichtet, nachdem sie beim Schwimmen ohne Oberteil einen Polizeieinsatz ausgelöst hatte – mit Erfolg. Denn nach einer Entscheidung des Justizsenats dürfen nun alle oben ohne in Berlin schwimmen, egal ob Mann oder Frau.
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