Zwei Cafs im Unionviertel

Diese Frau fühlt sich auch nach fünf Jahren noch als Gründerin

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Gemütlichkeit im eigenen Hofcaf im Union-Gewerbehof statt Hast und Hetze auf der Autobahn. Claudia Lüdtke stieg vor fünf Jahren aus der Modebranche aus und führt heute zwei von ihr gegründete Cafs an der Huckarder Straße und an der Rheinischen Straße.

Gemütlichkeit im eigenen Hofcaf im Union-Gewerbehof statt Hast und Hetze auf der Autobahn. Claudia Lüdtke stieg vor fünf Jahren aus der Modebranche aus und führt heute zwei von ihr gegründete Cafs an der Huckarder Straße und an der Rheinischen Straße.

Foto: Gregor Beushausen

Dortmund.  Wie lange ist man Gründerin eines Unternehmens? Auch fünf Jahre nach Eröffnung ihres Hofcafs und zwei Jahre nach Eröffnung ihres Straßencafs im Unionviertel weiß Claudia Lüdtke (38) eines sehr genau: "Nicht der Anfang wird belohnt, sondern das Durchhalten!" Wir haben sie besucht.

Vor ein paar Jahren sah ihr Leben noch anders aus. Autobahn, linke Spur: Claudia Lüdtke, Vertriebsverkaufsleiterin für Mode, hastet von einem Termin zum nächsten. Die "Vollgasliga Mode" verlangt ganzen Einsatz. "Ich habe es gerne und erfolgreich gemacht", sagt sie rückblickend. "Aber ich wusste, dass ich noch Power für etwas anders habe." Der Druck, die Übernachtungen im Hotel, das ständige Allein-Reisen - es war ihr zu viel geworden. Sie bremste ihre Karriere kurzerhand aus.

Von der Überholspur in das Caf

Szenenwechsel: Ihr Hofcaf liegt etwas versteckt auf dem Union Gewerbehof, während sich ihr Caf an der Rheinischen Straße etwas mehr der Öffentlichkeit zuwendet. Beide innen und außen bunt, mit Trödel und Mobiliar aus verschiedenen Epochen. Der Duft eines Cappuccino reichert die Gemütlichkeit des gepflegten Stilbruchs noch an. "Bullerbü", sagt Claudia Lüdtke dazu. Man könnte auch sagen, sie hat sich nach Jahren der Hast ihren eigenen Rastplatz geschaffen. Und so sollen ihre beiden Cafs für die Gäste auch rüberkommen, die vorwiegend mittags aus den umliegenden Büros kommen, um sich mit selbstgebackenem Kuchen, herzhaften Snacks, fruchtigen Shakes und anderen Spezialitäten zu stärken.

Schnell könnte der Eindruck entstehen, alles Arbeiten sei für Caf-Inhaberin Claudia Lüdtke nur noch Lust. Sie sagt aber auch: "ich könnte bei der IHK eine Dozentenstelle besetzen, um Leuten zu erklären, wie es wirklich ist, selbstständig zu sein." Sich um die Steuerklärung kümmern, Dienstpläne schreiben, Personalabrechnungen erledigen, die Berufsgenossenschaft, Abgaben - "ich habe das alles völlig unterschätzt", sagt sie. Reden kann sie, auch Stimmungen erzeugen, mit Kunden umgehen. Alles kein Problem. "Aber davon trägt sich die Umsatzsteuer auch nicht zum Finanzamt."

Kein Businessplan, aber gute Ideen und Tatkraft

Mit großartigen Businessplänen (Geschäftsplänen) hatte Claudia Lüdtke nichts am Hut. Ihren bunten Traum finanzierte sie allein. Sie hat im Gründerzentrum "Garage" gelernt und den "Gründerkompass Dortmund" griffbereit. Sie macht regelmäßig beim Klüngelstammtisch mit, einem Unternehmerinnentreff der Awo. Weil Austausch eben helfe, Fehler zu vermeiden. Letztlich aber zähle nur das eigene Handeln, sagt sie - das Umsetzen eigener Ideen in eigener Zeit und Intensität. Nur so bildet sich der Charakter aus, den beide Cafs ausstrahlen. "Es wird immer Dinge geben, bei denen du merkst, da musst du durch", sagt Claudia Lüdtke. Aber das sei nicht die Regel. "Auf sich zu hören und Mut zu haben, das ist das Wichtigste."

Was an Gedanken durch ihren Kopf geht und an Arbeit durch ihre Hände (alle Mahlzeiten werden frisch zubereitet), hat den Umsatz in ihrem kleinen Unternehmen nach oben gepusht. Im Laufe der Zeit hat Claudia Lüdtke auch gelernt abzuwägen. In den ersten zwei, drei Jahren habe sie alles allein erledigt, weil sie Ausgaben sparen wollte. Dann fing sie an zu gewichten. "ich gehe zum Beispiel gern in die Küche und ungern an den Rechner." Sie fange jetzt an, Arbeit zu delegieren.

Immer noch Gründerin

Sie holt sich Hilfe bei der Steuerklärung. Sie hat einen Stamm an Aushilfen und denkt nun über eine Festanstellung nach. "Nein", sagt sie, "man hat auch nach fünf Jahren noch nicht zu Ende gegründet." Dafür hat sie sich im Gegensatz zu ihrem früheren Job als Vertriebsverkaufsleiterin die Souveränität über ihre eigene Zeit zurückerobert. Ein Auto hat Claudia Lüdtke nicht mehr. Der nette türkische Gemüsehändler bringt ihr das Nötigste vom Großmarkt mit, dafür kauft sie täglich bei ihm ein. Wenn Claudia Lüdtke für Firmen, Feste und Workshops das Catering übernimmt, das sie ja auch noch anbietet, leiht sich sie ganz einfach ein Auto. Autobahn linke Spur, die Zeiten sind vorbei.