Dortmund. Alle Blicke richten sich auf den Dorstfelder Hannibal, doch ein zweiter Problemfall in der Nordstadt ist viel langwieriger: Seit 2002 steht das als „Horrorhaus“ bekannt gewordene Hochhaus an der Kielstraße 26 leer. Eigentlich sollte das Haus längst abgerissen sein. Susanne Linnebach, stellvertretende Leiterin des Amtes für Wohnen, erklärt im Interview, wo die Probleme liegen und wie es weitergeht.
Frau Linnebach, wie viele der insgesamt 102 Wohnungen hat die Stadt nach Verhandlungen mit den Eigentümern inzwischen übernommen?
Bislang sind 98 Wohnungen übertragen. Das heißt also, vier Wohnungen fehlen uns noch. Um die bemühen wir uns jetzt.
Bis wann ist realistischerweise damit zu rechnen, dass alles unter Dach und Fach ist?
Wir gehen davon aus, dass wir Mitte 2018 alle Wohnungen in die städtische Obhut überführt haben und dann auch die weiteren Schritte einleiten können.
In der Immobilie gab es 44 Wohnungseigentümer bzw. Eigentümergemeinschaften. Das ist nicht gerade wenig, allerdings steht das Gebäude auch schon seit 15 Jahren leer. Warum gestaltet sich der Übernahmeprozess so schwierig?
Leider war es mit 44 Eigentümern nicht getan. Der Personenkreis, den wir ausfindig machen und beteiligen mussten, war sehr viel größer. Neben den Eigentümern sind in den Grundbüchern zu einem nicht unerheblichen Teil weitere Rechte zu Gunsten Dritter eingetragen. Das heißt, wir mussten teilweise mit Erben und sogar mit deren Nachkommen Kontakt aufnehmen und ihre Zustimmung für einen Verkauf der betreffenden Wohnung einholen. Wir mussten wirklich Detektivarbeit leisten, um den Personenkreis überhaupt ausfindig zu machen.
Wie muss man sich das vorstellen?
Die Betroffenen leben in ganz Deutschland zerstreut, teilweise sogar im Ausland. Ein Eigentümer beispielsweise lebt im syrischen Grenzgebiet zur Türkei. Da kann man sich vorstellen, dass er im Moment andere Sorgen hat als die um seine Wohnung an der Kielstraße 26. Und das ist nicht der einzige Fall. Wir haben teilweise Nachbarn befragt, SMS geschrieben und versucht, über Facebook in Kontakt zu kommen. Weil viele nicht oder nur schlecht Deutsch sprechen, haben wir Dolmetscher hinzugezogen. Wir mussten erst einmal Vertrauen aufbauen zu den Menschen, viele haben erst gar nicht verstanden, was wir wollen.
Sie hatten dabei Hilfe von einer externen Regiestelle, die 2012 für den Ankaufprozess ins Leben gerufen worden ist.
In der Tat. Das waren zwei Juristen, die sich auch schon mal ins Auto gesetzt haben und beispielsweise nach Stuttgart gefahren sind, um mit Eigentümern zu sprechen. Das ist nun beendet. Da wir kurz vor dem Durchbruch sind, haben wir die Regiestelle 2017 abgeschlossen.
Wie viel Geld steht zur Verfügung und wie viel musste bislang investiert werden?
Alles in allem gehen wir von insgesamt 2,5 Millionen Euro aus. Darin sind rund 800.000 Euro für die Regiestelle und für den Ankauf der Wohnungen enthalten. 80 Prozent der Kosten werden von Bund und Land über Städtebaumittel gefördert.
Vorausgesetzt, Sie haben Mitte 2018 alles unter Dach und Fach: Wie geht es dann weiter?
Dann werden wir dem Rat der Stadt ein Beschlussvorschlag für den Abbruch des Gebäudes unterbreiten, den wir übrigens bereits vorbereiten. Planung und Auftragsvergabe benötigen etwa ein Jahr, 2019 wäre es dann soweit.
Der Verwaltung liegt ein Abbruchgutachten vor. . .
. . . das allerdings zu aktualisieren wäre. Das Gebäude zu sprengen, kommt nicht infrage. Wir gehen davon aus, dass Stockwerk für Stockwerk abgetragen werden muss.
Was wird dann aus dem Grundstück, ein Weiterverkauf für eine private Nutzung verbietet sich doch aufgrund der Förderbedingungen?
Richtig ist, dass es muss eine öffentliche Nutzung sein muss. Ich weiß nicht, ob eine Grünanlage da die richtige Wahl wäre. Eine Kindertagesstätte beispielsweise wäre an diesem Standort in der Nordstadt wohl sinnvoller.