Kolumne

Satire: Bussi-Bagatelle und Gladiatorenkampf der Extremisten

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Benjamin Eisenberg schreibt einmal im Monat eine Satire-Kolumne für Bottrop.

Benjamin Eisenberg schreibt einmal im Monat eine Satire-Kolumne für Bottrop.

Foto: Sebastian Mölleken

Bottrop.  Kabarettist Eisenberg empfiehlt dem kroatischen Außenminister die Prinzen und den Islamisten einen Showdown mit deutschen Rechtsradikalen.

Kroatiens Außenminister hat beim Europa-Kongress in Berlin versucht, Annalena Baerbock auf den Mund zu küssen. Dabei ist sie gar nicht in der spanischen Fußballnationalmannschaft der Frauen. Baerbock konnte den Kopf gerade noch wegdrehen und bekam den Schmatzer nur auf die Wange. Sieht es also so aus, wenn feministische auf chauvinistische Außenpolitik stößt?

Der Kroate behauptet, man begrüße sich immer „herzlich“. Vielleicht schenkt das Auswärtige Amt dem Kollegen als kleinen Hinweis demnächst einfach eine goldene Schallplatte des Prinzen-Albums „Küssen verboten“. Und Schwamm drüber. In Europa hat man jetzt nämlich keine Zeit für Bussi-Bagatellen, da muss man zusammenhalten und endlich eine gemeinsame Lösung finden für eine gerechte Flüchtlingsverteilung.

Abschiebe-Überbietungs-Wettbewerb statt „Wir schaffen das“

In Deutschland hat diesbezüglich bereits ein Paradigmenwechsel stattgefunden. Merkels „Wir-schaffen-das“-Mantra ist abgelöst worden von einem Abschiebe-Überbietungs-Wettbewerb aller Parteien, der immer mehr ins Absurde abzudriften scheint. Gibt es die Schlagzeile „Flüchtling: Geschwindigkeitsübertretung mit PKW“, fordert sofort irgendein Politiker: „Alle Flüchtlinge OHNE Führerschein schneller abschieben.“

Gibt es die Nachricht „Flüchtling klaut Auto“, fordert direkt irgendein anderer Politiker: „Alle Flüchtlinge MIT Führerschein schneller abschieben.“ Kommt die Meldung „Flüchtling stiehlt Frau Handtasche“, wird der nächste Politiker zitiert mit: „Transflüchtlinge schneller abschieben.“ Und heißt es „Flüchtlinge vermöbeln sich gegenseitig mit Hammer“, verlangt gleich irgendein Lokalpolitiker: „Alle Flüchtlinge mit Handwerksausbildung schneller abschieben!“ – „Abschiebung“ scheint nun als rhetorisches Allheilmittel zu gelten, weil eine Mehrheit das hören will.

Nur noch eine Grenzüberschreitung für Islamisten: die der EU-Außengrenze

In diesen Tagen sieht man allerdings auf vermeintlichen „pro-palästinensischen Demos“, wem man die Ausreise tatsächlich nahelegen müsste. Für die Islamisten sollte es nur noch eine Grenzüberschreitung geben: die der EU-Außengrenze. Wenn sich sogar schon der mehr zarte als smarte Hendrik Wüst zu Wort meldet und die Extremisten verurteilt, dann ist die Propaganda-Kacke ganz schön am Dampfen. Es wurden in Essen Symbole gezeigt, die denen des „Islamischen Staates“ und der Taliban ähnelten, aber nicht verboten seien. Das ist in etwa so, wie wenn „besorgte Bürger“ auf einer Rechtsdemo eine Hakenkreuz-Flagge schwingen würden, aber das Kreuz darauf nur drei angewinkelte Arme hätte.

Apropos: Vor ein paar Jahren wurden wir noch geplagt von Pegida und Rechtsradikalen, die gegen die „Islamisierung des Abendlandes“ demonstrierten. Jetzt gehen islamistische Wirrköpfe auf die Straße für die Errichtung eines Kalifats. Vielleicht sollten sich diese Gruppierungen einmal verabreden. Die hätten sich bestimmte eine Menge zu sagen, auch wenn sie eher die Fäuste sprechen ließen.

Das könnte man auch staatlich organisieren – als wehrhafte Demokratie, die selbst gar nicht kämpfen müsste. Da lassen wir dann einfach alle Idioten offiziell gegeneinander antreten: das Team „Kalifat“ gegen das Team „Faschismus“. Austragungsort dürfte nicht das Ruhrgebiet oder Rheinland sein, denn da hätten die Islamisten einen Heimvorteil. Umgekehrt gilt gleiches für die Rechten im Osten. Man müsste sich schon auf neutralem Terrain treffen. Irgendwo mittig. Bielefeld. Historisch passend zur Varusschlacht am Teutoburger Wald. Dafür mietet das Innenministerium das Alm-Stadion. Auf der Tribüne steht Nancy Faeser, dieses Mal ohne Regenbogenbinde am Arm, und auch unsere Polizisten sind ausnahmsweise nur Zuschauer und müssen nicht dazwischengehen.

„Inschallah, holt mich hier raus!“

Das wird ein Mega-Event und als solches natürlich live übertragen im Privatfernsehen. Im Vorprogramm singt Helene Fischer: „Ich will immer wieder dieses Fieber spür’n.“ Und danach können sich die Teilnehmer so lange aufs Maul hauen, bis nur noch zwei aufrecht stehen. Diese beiden werden aber noch einmal getrennt, denn dann kommt ein letzter Werbeblock vor dem Finale, und zwar für eine Versicherungsgesellschaft mit dem Slogan: „Wenn ihr Schutzengel mal nicht aufpasst ...“. Dann geht’s weiter, bis zum bitteren Ende.

Und wer überbleibt, der Sieger, der hat eigentlich verloren, denn der muss dann im Anschluss für RTL ins nächste Dschungelcamp – zusammen mit Oliver Pocher, Richard David Precht, dem kroatischen Außenminister und Till Lindemann, der zur Begrüßung alle ganz „herzlich“ auf den Mund küsst. Sollte ein Salafist als Sieger des modernen Gladiatorenkampfes ins Camp einziehen, müsste die Sendung allerdings umbenannt werden: „Inschallah, holt mich hier raus!“ Nä.

Nächste Termine von Benjamin Eisenberg (Auswahl): 10. November: Staßfurt (Solo), 11. November: Magdeburg (Solo), 17. und 18. November: Oberhausen (Nachgewürzt), 19. November: Bottrop (Comedy im Saal), 28. und 29. November: Kirchhellen (Kabarett im Hof). 1. Dezember: Bergneustadt (Solo), 10. Dezember: Bottrop (Comedy im Saal), 15. Dezember: Köln (Solo), 16. und 17. Dezember: Essen (Bottrops Beste).

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