Bottrop. Der Bottroper Kabarettist Benjamin Eisenberg fühlt dem CDU-Chef auf den Zahn und nimmt einen königlichen Flüchtling in Bayern unter die Lupe.
Beim Ausloten, wie weit man rhetorisch nach rechts rutschen kann, hat Friedrich Merz nun einen neuen Tiefpunkt erreicht. Früher haben uns die Ausländer noch die Arbeitsplätze weggenommen, aber jetzt, wo es doch so viele freie Stellen gibt, kann man solche Sprüche natürlich nicht mehr klopfen. Nun sind es die angeblich ausgebuchten Dentisten, die herhalten müssen: Flüchtlinge nehmen uns die Zahnarzt-Termine weg.
Aus dem Mund eines Privatpatienten und Multimillionärs hat die Aussage allerdings nur wenig Biss. Wann setzt Merz hier noch eins drauf mit der Behauptung, Deutsche Kassenpatienten müssten so lange auf Facharzt-Termine warten, weil die Flüchtlinge, die vor ihnen dran sind, noch auf der Balkanroute aufgehalten wurden. Möglicherweise planen Flüchtlinge aus Afrika die Wartezeit beim Zahnarzt schon in ihre Überfahrtzeit im Schlauchboot mit ein.
Da ist sie wieder, die gute alte CDU
Aber bei aller Häme, die dem CDU-Vorsitzenden gebührt: Was wollen wir eigentlich alle? Wir hatten uns doch die gute alte CDU zurückgewünscht. Und da ist sie wieder. Die Union, die kurz vor wichtigen Wahlen etwas stärker rechts blinkt. Das war doch früher immer so. Beispiel Jürgen Rüttgers (2000): „Kinder statt Inder“. Oder Beispiel Roland Koch mit seinen Sprüchen zu „Boot Camps“ für Jugendliche oder zur deutschen Leitkultur.
So gesehen müsste der freche Fritz aus Arnsberg sogar noch einmal nachlegen – vor allem vor den nächsten Wahlen im Osten, wenn es darum geht, die AfD einzuholen. Man hat schon das Plakat-Motiv vor Augen, wie Merz mit seinem Privatjet eine Gruppe abgelehnter Asylbewerber persönlich zurückbringt. Eine Handvoll sitzt drin, der Rest hängt von außen dran – wie beim Abzug aus Afghanistan. Dazu der Slogan: „Freiflug für Flüchtlinge“. Wie weit die Union damit wohl käme? – Zumindest über die sogenannte „Brandmauer zur AfD“.
Wenn das Boot voll ist, wird am rechten Rand gefischt
Wenn das Boot voll ist, wird halt am rechten Rand gefischt. Warum sollte man das auch Weidel oder Chrupalla überlassen, was man früher selbst so gut beherrschte. Für die CDU heißt es mit Merz: „Back to the roots! – Zurück zu den Wurzeln!“ Und die Wurzeln der Union sind nun einmal auch braun. Herbert Wehner konnte damals im Parlament noch mit dem Finger darauf zeigen.
Also, liebe Syrer und Afghanen im Sauerland, wenn ihr Friedrich Merz im Wartezimmer seht, bitte unbedingt vorlassen; der CDU-Chef braucht wohl ganz dringend eine Wurzelbehandlung. Doch diesen Zahn muss ihm wohl der Souverän erst ziehen. Danach können vielleicht wieder Brücken gebaut werden, und zwar nicht nur beim Zahnarzt.
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Man kann sich im Übrigen die Frage stellen: Warum richtet sich Ausländerfeindlichkeit eigentlich so oft gegen arme Flüchtlinge? Warum nicht auch einmal gegen reiche Despoten? Thailands König Rama X. residiert seit Jahren in Garmisch-Partenkirchen im Hotel Sonnenbichl. König Rama – ein Mann, der so heißt wie ein Streichfett, so aussieht wie ein Berliner Junkie am Hauptbahnhof und seinen Sohn im Freistaat sogar auf eine Waldorfschule schickt – womöglich, damit der Junge nach seiner Ausbildung die Tattoos seines Papas nachtanzen kann.
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In seiner Heimat möchte das Volk die Monarchie reformieren, und der König versteckt sich ausgerechnet in einer Demokratie. Na ja, in der CSU-Hochburg Bayern. Dort wohnt er zwar die meiste Zeit, geht aber natürlich Regierungsgeschäften nach, bei denen – so wird gemutmaßt – gegen das Völkerrecht verstoßen wird. Mit Kritikern im eigenen Land geht er jedenfalls nicht zimperlich um. Die verschwinden dann schon mal spurlos oder werden irgendwo tot aufgefunden. Vielleicht halten sich deutsche Politiker auch deshalb mit Kritik zurück.
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Doch was sagt eigentlich der Kanzlerkandidat der Herzen, Markus Söder, dazu, dass der Thailändische König als quasi reichster Bayer hier keine Steuern zahlt? Und was sagen Frauenrechtlerinnen aus dem linken Lager dazu, dass sich der König ein 20-gesäßiges Harem hält, und zwar angeblich mit durchnummerierten Frauen? Unglaublich! Aufrichtige deutsche Rentner fliegen zum Sex-Urlaub nach Thailand, und der König bringt sein Bordell gleich mit. Was sagt man eigentlich dazu im erzkatholischen Bayern? – Nichts. Wahrscheinlich sind viele Politiker einfach nur neidisch. Und wahrscheinlich fällt den Unionspolitikern dazu auch nichts mehr ein, denn womöglich hat der thailändische König auch seinen eigenen Zahnarzt dabei.
Eisenbergs nächste Termine (Auswahl): 21. Oktober: Essen (Bottrops Beste), 27. Oktober: Bottrop (FrechDAX), 28. Oktober: Dinslaken (Solo), 4. November: Düsseldorf (Solo), 17. und 18. November: Oberhausen (Nachgewürzt), 19. November: Bottrop (Comedy im Saal), 28. und 29. November: Kirchhellen (Kabarett im Hof).
Alle Termine: www.benjamin-eisenberg.de
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