Bochumer Süden. Die Gierses und Goerdels aus Bochum sind seit 60 Jahren befreundet. Alles fing an mit einer Frage: „Darf meine Frau mit Ihrer eine Wurst essen?“
Alles fing an mit dieser einen Frage: „Darf meine Frau mit Ihrer Frau eine Bratwurst essen?“ Damals auf dem Schrebergartenfest an der Engelsburger Straße in Bochum. Sigrid und Werner Gierse sowie Gudrun und Günter Goerdel sind zu dem Zeitpunkt 17, 19, 20 und 23 Jahre alt. Es ist der Anfang einer Freundschaft, die nun seit 60 Jahren besteht.
Wir schreiben das Jahr 1963. Damals ist es gesellschaftlich noch nicht üblich, dass Frauen allein unterwegs sind oder andere Frauen einfach ansprechen. So übernimmt Günter Goerdel die Frage und schnell entschließen sich die beiden Paare – die Gierses sind zu dem Zeitpunkt noch nicht verheiratet – das Bratwürstchen zusammen zu essen. Die vier kommen ins Gespräch und sind auf einer Wellenlänge. Sie laden sich gegenseitig zum Essen ein, verbringen von da an regelmäßig Zeit miteinander.
Bochumer Ehepaar ist seit 60 Jahren befreundet: Kinder kennen sich von klein auf
„Auch unsere Kinder kennen sich schon immer“, erzählt Sigrid Gierse (77). Sie wachsen miteinander auf, nennen die Eltern der jeweils anderen Onkel oder Tante. Zwei haben beide Ehepaare und mittlerweile zwei beziehungsweise fünf Enkel sowie zwei Urenkel. Im Haus der Gierses, in den beiden Wohnungen über ihnen, lebt – so hat es der Zufall gewollt – ein Enkel von jedem der beiden Ehepaare.
Damals, in den 1960er und 1970er Jahren, folgen gemeinsame Ausflüge der beiden Familien. Zu siebt fahren sie zum Beispiel im kleinen Fiat 500. Auch Urlaube, unter anderem im Sauerland, gehören dazu.
„Immer dienstags sind wir früher mit den Kindern schwimmen gegangen“, erinnern sich die beiden Frauen zurück. Außerdem gehen sie auf den Spielplatz oder zum Frühstück ins Kaufhaus Kortum. Heute – und schon seit vielen Jahren – ist der Montag ihr Tag. Immer abwechselnd gibt es bei den Gierses in Weitmar oder Goerdels in Wiemelhausen selbstgebackenen Kuchen und auch den Montagsschnaps, ein Becherovka. „Zu erzählen haben wir uns immer was.“
Auch die Männer sehen sich regelmäßig, nehmen beide an Tagesausflügen des Seniorenbüros teil, die Werner Gierse (79) organisiert. Beide haben sich früher sogar denselben Arbeitgeber geteilt, Gierse holte Günter Goerdel einst zur Stadt Bochum. Bei Geburtstagen oder anderen Festen gehört das jeweils andere Ehepaar natürlich dazu. Sie teilen Freude miteinander – und auch mal Leid.
Kinder bereiten Bochumer Ehepaar große Überraschung
Zum Jubiläum haben sich die Kinder der beiden Ehepaare eine Überraschung überlegt und ihre Eltern jeweils abgeholt. Dabei mussten sie sich einige Ausreden einfallen lassen, damit sich diese nicht wundern, dass der Weg direkt zur Schrebergartenanlage an der Engelsburger Straße in Weitmar führt.
Als die beiden Ehepaare dann sich und die Kinder der jeweils anderen entdecken, wissen sie, warum sie dort sind – Überraschung gelungen. Wie damals gibt es an diesem Tag im Juli Bratwürstchen, nur eben 60 Jahre später. Und natürlich darf auch der Satz von Günter Goerdel nicht fehlen: „Darf meine Frau mit Ihrer Frau eine Bratwurst essen?“ Auch wenn die Ehepaare mittlerweile längst beim „Du“ angekommen sind. Als Geschenk haben die Kinder ein Album mit vielen alten Fotos zusammengestellt.
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„Die Freude war groß, wir hatten Tränen in den Augen“, sagt Gudrun Goerdel (80). Der gemeinsame Tag wurde mit einem Abendessen beendet, zudem gibt es schon die nächsten Pläne: Im kommenden Jahr geht es für Sigrid und Werner Gierse sowie Gudrun und Günter Goerdel gemeinsam in den Urlaub nach Willingen im Sauerland.
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