Bochum Über die Zeit in ihrer alten Heimat hat K.H. Kasilag ein berührendes Buch geschrieben. Als Einwandererkind lernte sie Bochum kennen und lieben.
Im Schweizerischen Glarnerland mit traumhaftem Blick in die Alpen hat die Autorin K.H. Kasilag ihre Heimat gefunden. Im normalen Job arbeitet sie als Physiotherapeutin in Lachen nahe Zürich, doch wann immer es ihre Zeit zulässt, setzt sie sich daheim an den Computer und denkt zurück an ihre Kindheit und Jugend – im fernen Bochum.
Hier wuchs sie auf, hier erlebte sie prägende Jahre, die sie bis heute nicht loslassen. Über die Liebe zu ihrer Lieblingsstadt und ihre eigene Familiengeschichte hat K.H. Kasilag jetzt ein berührendes Buch geschrieben, das ihren Bochumer Lesern hohe Wiedererkennungswerte liefert und zudem charmant verfasst ist. „Mein verschmähtes Bochum“ nennt sie ihre Geschichte. Direkt der Untertitel gibt die Richtung vor: „Wie die Blume im Revier mich aus der Grube holte."
Im Alter von 13 Jahren kam sie nach Bochum
Dabei spielte die Blume im Revier für die Autorin, die unter Pseudonym schreibt, zunächst gar keine Rolle: 1976 wurde sie auf den Philippinen geboren und kam im Alter von 13 Jahren nach Bochum. Ihr Vater verunglückte, als sie noch ein kleines Mädchen war. So zog sie mit ihrer Tante und späteren Adoptivmutter, die eine Anstellung als Krankenschwester im St. Elisabeth-Hospital gefunden hatte, hinaus in die Ferne – voller Vorfreude auf die neue, schöne Welt, aber ohne einen Satz Deutsch zu sprechen.
Doch das Mädchen schlug sich tapfer: „In einer Zechenstadt lernt man wohl am besten, was es heißt, sich durchzugraben und am Ende des Tages das ‚Glück auf‘ zu erleben“, schreibt sie. Trotz zahlloser Rückschläge und bitteren, oft traurigen Erfahrungen hat sie sich einen gesunden Optimismus stets bewahrt, der auch in ihren unterhaltsam verfassten Zeilen aufleuchtet: „Scheint im Leben Schicht im Schacht zu sein, dann ist ein Förderkorb schon unterwegs“, meint sie und schwelgt immer wieder in tiefstem Ruhrpott-Slang. „Egal wo du herkommst oder wie du aussiehst, dat wat bei uns zählt, ist grundsätzlich nur, ob dat Pilsken kalt ist.“
Teils amüsante, teils traurige Episoden
Schön beschrieben und mit einigen Bildern unterfüttert erfährt der Leser amüsante, teils auch traurige Episoden aus dem Leben eines jungen Einwandererkindes: Kasilag besuchte zunächst die ehemalige Max-Grewe-Grundschule und wechselte später trotz bescheidener Deutschkenntnisse aufs Goethe-Gymnasium. Nicht alle Lehrer meinten es gut mit dem kleinen Mädchen aus den Philippinen, weshalb sich die Autorin dazu entschloss, sämtliche Namen in ihrem Buch zu ändern. Nur enge Familienangehörige und Propst Michael Ludwig, über den sie mit besonderer Zuneigung schreibt, tauchen als reale Figuren auf.
Der heimliche Star ihres Buches ist aber ohnehin die Stadt selbst. Mit großen Augen beschreibt sie K.H. Kasilag aus den Augen eines Teenagers: vom Besuch im Stadion, im Tierpark bis zur ersten nächtlichen Party im Bermudadreieck. Damit einher gehen schwere Schicksalsschläge: Insbesondere der Tod ihrer Adoptivmutter, die 2015 an Krebs starb, setzte ihr schwer zu. „Das hat mir den Boden unter den Füßen weggerissen und den letzten Halt genommen“, sagt sie. Doch sie habe gelernt, mit der Trauer zu leben – auch wenn dies ein langer, schwerer Prozess war.
So schön wie im Ruhrgebiet ist es nirgendwo sonst
Seit 2002 lebt K.H. Kasilag in der Schweiz. Auch in den Jahren zuvor kam sie viel in der Welt herum. Doch so schön wie im Ruhrgebiet sei es nirgendwo sonst: Diese Erkenntnis mag für manchen Bochumer etwas absonderlich klingen, doch man spürt, dass die Autorin dies ernst meint. „Ich fuhr mit einem Schiff in der Halong-Bucht in Vietnam, aber es war nicht der Teich im Stadtpark, wo ich mit meiner ersten großen Liebe auf dem Paddelboot Zukunftspläne schmiedete“, schreibt sie einmal. Bochum, sie kommt aus dir!
Info: Zur Person
K.H. Kasilag wurde 1976 auf den Philippinen geboren und zog 1986 nach Bochum. Hier machte sie 1996 das Abitur. 2001 beendete sie eine Ausbildung als Physiotherapeutin und ging daraufhin in die Schweiz. Die Liebe zum Schreiben entdeckte sie, als sie ihre Trauer um ihre Adoptivmutter zu Papier brachte.
„Mein verschmähtes Bochum“ von K.H. Kasilag ist bei BoD (Books on Demand) erschienen, 214 Seiten, 9,99 Euro. ISBN: 978-3-7494-7771-5
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