Bochum. Demonstrationen in Bochum zum Jahrestag des Kriegsbeginns. Parteien üben Solidarität mit Ukraine, während Friedensplenum Verhandlungen fordert.
Insgesamt mehr als 500 Personen haben sich am Freitag, dem Tag an dem sich der Tag des russischen Überfalls auf die Ukraine am 24. Februar 2022, zum ersten Mal jährt, zu zwei ganz unterschiedlichen Kundgebungen versammelt. Bei der etwas größeren Veranstaltung auf dem Platz des europäischen Versprechens vor der Christuskirche haben sich zahlreiche zur Zeit in Bochum lebende Ukrainerinnen und Ukrainer dem Aufruf der Parteien angeschlossen. Insgesamt leben derzeit rund 3000 Flüchtlinge aus der Ukraine in unserer Stadt. Tenor der Kundgebung dort ist die Solidarität mit der Ukraine und die deutlichen Verurteilung des russischen Angriffskrieges.
Eine Stunde später begann am Konrad-Adenauer-Platz die Kundgebung mit kurzem Demonstrationszug über die Kortumstraße des Bochumer Friedensplenums. Die Zielrichtung hier ist eine andere: „Stoppt das Töten in der Ukraine - für Waffenstillstand und Verhandlungen“, so heißt es in dem Aufruf, der sich entschieden gegen eine weitere Eskalation einsetzt.
Trotz der unterschiedlichen Ansatzpunkte und politischen Zungenschlägen überwog bei beiden Veranstaltungen die Perspektive aus Sicht der unter dem Krieg leidendenden Menschen. So berichtete Serdar Yüksel (SPD), der gerade mit der Awo für fünf Tage verschiedene Städte in der Ukraine bereist hat und dort rund elf Tonnen an humanitären Hilfsgütern verteilt hatte, von seinen Eindrücken in dem vom Krieg überzogenen Land. „Ich habe bei meinem Besuch viel Mut und auch den Siegeswillen der Bevölkerung erfahren. Die Ukrainer wollen den Frieden zurück erkämpfen“, sagte Yüksel, der noch sichtbar unter dem Eindruck seiner Erfahrungen vor Ort stand.
Erinnerung an Hilfsbereitschaft in Bochum
Auf dem Platz des europäischen Versprechens sprachen auch Max Lucks (Grüne): „Wir wissen, wer der Aggressor in diesem Krieg ist, der Aggressor ist Putin.“ Er hob hervor, dass die Menschen in der Ukraine die Kraft der Demokratie erkannt hätten, „und genau dies ist die Gefahr für Putin“. Für die CDU betonte Julian Meischein die Hilfsbereitschaft und die Solidarität so vieler Bochumerinnen und Bochumer für die ukrainischen Flüchtlinge, während der Liberale Robert Christofor emotional ausrief: „Heute jährt sich nicht nur der Beginn des Krieges, heut jährt sich auch die Hoffnung.“
Wenige Hundert Meter entfernt vor der Bühne im Bermudadreieck herrschten ebenfalls die leisen Töne vor. Das Bochumer Friedensplenum, das überparteilich seit Jahren nicht nur die Ostermärsche organisiert, sondern beharrlich für einen konsequenten Pazifismus auf die Straße geht, setzte sich deutlich gegen die jetzt wieder einsetzende Rüstungsspirale und für das von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht verkündete „Manifest für den Frieden“ ein.
Ärztin warnt vor Folgen eines Atomkriegs
Auf der Kortumstraße sprach unter anderem die Ärztin Dr. Ingrid Farzin für die Organisation IPPNW (Internationale ÄrztInnen für die Verhütung des Atomkriegs), die 1985 den Friedensnobelpreis erhielt. Sie schilderte drastisch die Folgen eines Atomschlags in Europa. Sie sagte „Ist das die Welt, die wir unseren Kindern und Enkeln hinterlassen wollen? (...) Sind wir semidebile Traumtänzer, wenn wir angesichts drohender atomarer Vernichtungen Verhandlungen und Waffenstillstand fordern? Nein, wir wollen leben.“
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