Bottrop. Von der Germaniastraße bis in die 2. Bundesliga: Bernd Korbel vom VfB Bottrop blickt an seinem 70. Geburtstag auf eine bewegte Laufbahn zurück.
Was macht Berni Korbel an seinem 70. Geburtstag? Klar, er spielt Fußball. Training war an diesem Tag für die Alten Herren des VfB Bottrop und danach saßen sie noch eine Weile beim Bier zusammen. Bei Spielen aber ist der Jubilar nicht mehr dabei – mit einem Grinsen sagt er: „Es ist ja nicht sinnvoll, wenn ich als 70-Jähriger einem 35-Jährigen hinterherlaufe.“
Am Ball allerdings würde er mit den meisten noch mithalten. „Er war ein absoluter Spielmacher, technisch superstark,“ lobt Jürgen Sekula, Kollege beim VfB und wie Korbel früher Zweitligaspieler. Die beiden haben einiges zusammen erlebt, auch wenn Sekula, der drei Jahre Profi bei Rot-Weiss Essen war, fünf Jahre jünger ist.
Einer der Höhepunkte für beide war eine Reise nach Tunesien. In der Westdeutschen Auswahlmannschaft des Verbandes Niederrhein spielten sie gemeinsam. „Ich als junger Spieler, Berni als Kapitän,“ berichtet Sekula. Korbel hat neben den Freundschaftsspielen 25 Begegnungen im Länderpokal absolviert, 1980 auch das Endspiel gegen Bayern, das allerdings mit 2:4 verloren ging.
„Als Prämie gab es aber eine tolle Reise,“ erinnert sich Bernd „Berni“ Korbel. „Um Weihnachten und Neujahr herum mit drei Spielen gegen Vereinsmannschaften. Delegationsleiter war der Bottroper Hermann Beckfeld senior. Die Kamelmärkte, die exotischen Gerüche und das ganz andere Essen als in der Heimat sind angenehme Andenken.
Erste Schritte auf der Horster und Germaniastraße
Nicht jeder kam damit klar, manche Mitspieler verpassten ihre Einsätze wegen Durchfalls. Die Plätze waren hart wie Beton, selbst für Männer mit viel Aschenplatzerfahrung eine Herausforderung. Und einmal waren die Düfte in der Umkleidekabine, in der WCs nicht abgetrennt waren, so unangenehm, dass sich die Mannschaft im Freien umzog.
Mit der westdeutschen Auswahl gewann Korbel auch einmal ein Spiel gegen die Nationalmannschaft Luxemburgs (3:2), das war aber nach seiner Zeit beim VfB. Aufgewachsen in der Stadtmitte sei er „so richtig als Straßenfußballer großgeworden“. Es gab da noch richtige Straßenmannschaften – seine war „Germaniahof“ rund um die Horster und die Germaniastraße. An der heutigen Korczakschule gab es einen Großfeldplatz für die Handballer, da wurde aber auch Fußball gespielt. Korbel: „Da habe ich den größten Teil meiner Kindheit verbracht und der Ball war immer dabei.“
Daneben spielte er auch ambitioniert Handball, doch mit Beginn seiner Ausbildung zum KfZ-Schlosser ließ seine Zeit das nicht mehr zu: „Im ersten Halbjahr mussten wir in die Lehrwerkstatt nach Wattenscheid zu einer Art Grundausbildung. Mit langen Fahrtzeiten waren zwei Sportarten nicht mehr zu vereinbaren.“
Beim VfB Bottrop wurde er schon als A-Jugendlicher mit gerade 18 in die erste Mannschaft hochgezogen und legte da ein flottes Pensum vor: „Sonntagmorgen habe ich eine Halbzeit in der Jugend gespielt und nachmittags bei der Ersten.“ Er war trotz seines zarten Alters schon ein Leistungstrainer und am Saisonende im Sommer 1972 stieg der VfB in die Verbandsliga auf, die dritthöchste Liga damals hinter Bundes- und Regionalliga.
Bocholter Derbys zogen mehr als 10.000 Zuschauer an
Die entscheidende Partie zog 5000 Zuschauer ins Jahnstadion. 2:0 siegten die Schwarz-Weißen gegen den VfB Kleve. Trainer war Günter Mikolaiczak, Torschützen Jürgen Kleewald und Maik Galakos, der später für Fortuna Düsseldorf in der Bundesliga kickte und in Griechenland für Olympiakos Piräus und Panathinaikos Athen.
„Im Bottroper Fußball ist Berni Korbel ein Begriff“, sagt Fred Bockholt, der größte Torwart der Bottroper Geschichte. Er nennt ihn in einem Atemzug mit Paul Holz, Bottrops vielleicht genialstem Mittelfeldmann. Holz spielte als einziger für Schalke, Dortmund und Bochum in der Bundesliga und starb 2017 im Alter von 65 Jahren. „Das war die Generation nach uns“, meint Bockholt, der zehn Jahre älter ist und mit Diethelm Ferner und Werner Biskup zusammenspielte.
Mitte der 70er Jahre wechselte Bernd Korbel zu Olympia Bocholt, ebenfalls Verbandsligist. „Wir hatten eine homogene Mannschaft und die Derbys gegen den FC Bocholt mit zeilweise 10.000 Zuschauen waren schon was Besonderes.“ Herbert Sprenger, Klaus Grenz und aus Duisburg mit Peter Grinda ein weiterer Ex-VfBler gingen mit ihm nach Bocholt, so hatten sie für dreimal Training pro Woche eine Fahrgemeinschaft.
Dass die oberste Amateurklasse – die Regionalliga war damals durch die 2. Bundesliga abgelöst worden – als „Nettoliga“ galt und in Bocholt mehr zu verdienen war als in Bottrop, könnte auch eine Rolle gespielt haben. Wegen der guten Zuschauerzahlen waren die Kassen bei Olympia ohnehin besser gefüllt als anderswo.
Korbel absolvierte 34 Spiele in der 2. Bundesliga
1976 erreichte Olympia im DFB-Pokal die zweite Runde unter verlor gegen die von Rudi Gutendorf trainierte Tennis Borussia Berlin erst im Wiederholungsspiel. 1978 als Niederrheinmeister scheiterte Bocholt nur knapp in der Aufstiegsrunde zur 2. Liga.
Diese Klasse aber reizte Berni Korbel: „Ich wollte unbedingt wissen: Reicht es bei mir für die 2. Bundesliga oder reicht es nicht?“ So nahm er ein Angebot des Lokalrivalen FC Bocholt an und ging 1980 mit Herbert Sprenger zum 1. FC Bocholt, der gerade dorthin aufgestiegen war.
Gegner waren Werder Bremen, Hertha BSC, Eintracht Braunschweig und Rot-Weiss Essen. „Ich hatte es mir einen Tick schwieriger vorgestellt,“ berichtet Korbel, der weiter seinem Job als KfZ-Mechaniker in Bottrop nachging und einmal wöchentlich fürs Training freigestellt wurde. So konnten sie viermal pro Woche üben, mit drei Profis und einige „Edelamateuren“, wie Berni Korbel es formuliert.
Niederlage im Pokal gegen den jungen Olaf Thon und den FC Schalke 04
34 Zweitligaspiele und vier Tore stehen in seiner Statistik. Die sportliche Situation war allerdings extrem anspruchsvoll. Weil die zweite Bundesliga im Jahr drauf eingleisig werden sollte und eine Punktewertung über mehrere Jahre zur Qualifikation herangezogen wurde, wäre der 4. Platz nötig gewesen. Trotz des Auftaktsieges bei Werder Bremen im Weserstadion eine Illusion. Zwölfter von 22 Teams wurde der 1. FC, noch vor Rot Weiß Oberhausen, Tennis Borussia und Münster.
Im Pokal kam der 1. FC im Folgejahr ins Achtelfinale, verlor im Wiederholungsspiel gegen Göttingen 05. Korbel spielte dort auch noch einmal zusammen mit Paul Holz. Dann ging er zurück zu Olympia und hatte dort noch ein DFB-Pokal-Erlebnis. 1984 spielte die Mannschaft gegen Schalke 04, zwei Tore des jungen Olaf Thon bedeuteten das Ausscheiden.
Mit 32 kehrte Berni Korbel zum VfB Bottrop zurück und schloss sich den Alten Herren an, war kurz auch Trainer der Ersten, zusammen mit Friedhelm Strelzig. Jürgen Sekula kennt ihn als „Elfmeterkönig. Er hat die Elfmeter immer eiskalt verwandelt.“ Dort hat er noch immer seinen Spaß und wenn bei einem Spiel mal jemand für die Bewirtung gebraucht wird, stehen Korbel und Co. hinter dem Tresen und verkaufen Bier und Bratwürste.
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