Gelsenkirchen. Schalke-Fan Karsten Jahn analysiert die Schalker Spiele in einem eigenen Blog. Frei von Emotionen. Auf Halbfeldflanke.de zählen vor allem Fakten.
Auf „Halbfeldflanke.de“ geht es um Analysen zum Spiel und zu den Spielern des FC Schalke 04. „Mein Blog soll Diskussionen mit Fakten unterlegen und mit der Grubenlampe kommen, wenn mal wieder Hängen im Schacht ist“, erklärt Karsten Jahn. Wir sprachen mit dem 38-jährigen Schalke-Fan über den Trainerwechsel, die Arbeit von Manager Christian Heidel und die eine oder andere interessante Statistik.
Hat Sie die Trennung von Markus Weinzierl überrascht?
Karsten Jahn: Überrascht schon, ungerechtfertigt ist sie aber nicht. Gut finde ich, wie es abgelaufen ist. Christian Heidel hat den Cut nicht direkt nach dem letzten Spieltag vollzogen. Er hat - typisch Heidel eben - die Saison in Ruhe analysiert und dann die Konsequenzen gezogen.
Wie ist Ihre Saisonanalyse denn ausgefallen?
Karsten Jahn: Mit Platz zehn kann Schalke nicht zufrieden sein, das ist klar. Christian Heidel hat einen großen Umbruch eingeleitet, der noch lange nicht abgeschlossen ist. Ein Umbruch garantiert nicht, dass sofort Erfolg da ist.
Christian Heidel hat kritisiert, dass kein Konzept auf dem Platz erkennbar war.
Karsten Jahn: Unter Trainer Weinzierl hat es schon ein klares Konzept gegeben. Das große Problem: Es wurde nur zum Teil umgesetzt. Schalkes Spiel war sehr intensiv, in der Offensive hatte die Mannschaft einen starken Zug zum Tor. Allerdings gab es zu viele Spiele, in denen die Intensität fehlte. Für defensiv stehende Mannschaften war es deshalb zu einfach, den Schalkes Zug zum Tor rund um den eigenen Strafraum zu stoppen.
Welche Saison-Statistik hat Sie am meisten überrascht?
Karsten Jahn: Es wurde viel über unsere Verteidigung geschimpft. Oft hieß es, dass das alles ziemlich wackelig aussah. Die Gegner haben sich an Schalkes Verteidigung aber reihenweise die Zähne ausgebissen. Nur Hoffenheim, Bayern und Leipzig haben weniger Gegentore kassiert. Der torhungrige Nachbar hat in zwei Derbys nur ein Tor gegen Schalke erzielt.
In der Statistik „Tore nach Standardsituationen“ ist Schalke das Schlusslicht der Liga.
Karsten Jahn: Markus Weinzierl hat zwar gesagt, dass Standards trainiert werden. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass sein Fokus darauf lag. Die Standards wurden ja teilweise echt dilettantisch ausgeführt.
Wie beurteilen Sie die Arbeit von Christian Heidel?
Karsten Jahn: Er hat für einen Kulturwandel auf Schalke gesorgt. Weg von ‘Clemens Tönnies - ein Patriarchat greift durch’ hin zu reflektiert und gemeinsam Entscheidungen treffen. Der Trennung vom Trainer und auch Transferaktivitäten sind größtenteils ohne viel Rauschen im Blätterwald über die Bühne gegangen.
Sportlich ist die Bilanz aber mager. Hat der Manager die Mannschaft falsch zusammengestellt?
Karsten Jahn: Das glaube ich nicht. Das Verletzungspech muss in der Analyse der Saison durchaus Berücksichtigung finden. Zwischendurch stand uns kein Stürmer mehr zur Verfügung. Das beeinflusst das Leistungsvermögen natürlich enorm.
Wer ist für Sie die Überraschung der Saison?
Karsten Jahn: Leon Goretzka ist es nicht. Ich habe ihn schon vor zwei Jahren mit dem jungen Bastian Schweinsteiger verglichen. Meine positive Überraschung der Saison ist Nabil Bentaleb. Ein hervorragender Antreiber im Mittelfeld, der die Bewegungen seiner Mitspieler großartig ausbalanciert. Er füllt Lücken, die durch die Läufe seiner Mitspieler entstehen, sofort. Außerdem spielt er diese schönen Laser-Pässe. Das sind die steilen messerscharfen Bälle in die Schnittstelle der gegnerischen Abwehr.
In der Rückrunde hat Bentaleb aber nur noch selten an die Leistungen der Vorrunde angeknüpft.
Karsten Jahn: Die Wahrnehmung mag so sein. Ich sehe das anders. Weil das Spiel der Mannschaft nicht erfolgreich war, sind vor allem seine Fehlpässe in schlechter Erinnerung geblieben. Ingesamt hat er nach wie vor seine Stärken auf den Platz gebracht. In der Vorrunde hat er viele Spiele auf der 8er-Position bestritten, in der Rückrunde wurde er dann oft zurückgezogen. Da konnte er als Torschütze oder Vorlagengeber nicht mehr so glänzen. Er hat dann vermehrt Pässe gespielt, die zu einer Vorlage geführt haben.
Wer hat Sie enttäuscht?
Karsten Jahn: Von Yevhen Konoplyanka habe ich mir schon mehr versprochen. Es war teilweise ziemlich wirr, was er abgeliefert hat. Im Endeffekt waren die Mitspieler um ihn herum ständig damit beschäftigt, seine Bewegungen auszugleichen. Es gab viele Situationen, in denen er aus unerklärlichen Gründen etwa nach Innen gezogen ist und sich dadurch Räume für den Gegner ergeben haben.
Was macht Sie optimistisch, dass Schalke in der nächsten Saison erfolgreicher spielt?
Karsten Jahn: Wenn Max Meyer und Leon Goretzka bleiben und der neue Trainer sie richtig einsetzt, dann haben wir mit ihnen und Nabil Bentaleb das vielleicht beste Mittelfeld der Liga. Bentaleb auf der 6, Goretzka auf der 8 und Meyer davor als Spielgestalter auf der 10.
Was wissen Sie schon über den neuen Trainer Domenico Tedesco?
Karsten Jahn: Noch nicht viel. Der Ruf eilt ihm voraus, Stichwort Laptop-Trainer. Ich bin sehr gespannt auf ihn und freue mich schon auf viele taktische Finessen.
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