Köln. In den Kölner MMC-Studios wurden gestern die Deutschen Fernsehpreise 2023 verliehen. Was nicht im TV zu sehen war.
Sie kennen das von vielen Terminen. Filmpremiere, Popkonzert, Buchpräsentation – die rund 50 Fotografen, die sich hier vor und im Foyer des Coloneums in Köln versammelt haben, fotografieren täglich berühmte Menschen. Aber das hier ist etwas Besonderes, das hier ist der Deutsche Fernsehpreis und der zählt zu den Veranstaltungen mit der höchsten Promidichte im Land. Deshalb – und weil jeder durch eine flughafenähnliche Sicherheitsschleuse muss - dauert das Flanieren über den Roten Teppich auch mehr als zwei Stunden.
Kurz nach 16 Uhr. Ein letzter Blick auf das Equipment. Alle Akkus voll? Alle Objektive da? „Los geht’s“, sagt einer und alle nicken. Doch anfangs tröpfelt es. Anna Schudt und Ehemann Moritz Führmann zählen zu den ersten und können noch ganz entspannt fotografiert werden. 30 Minuten später aber ist aus Rinnsal an Prominenten eine Sturzflut geworden.
Prominenten-Stau im Foyer
Erst haben sie draußen noch die Fragen der TV-Reporter beantwortet, die wissen wollen, ob man denn nervös ist („Ja“, „es geht“, „nee, gar nicht) und was man abends so vor dem Fernseher isst („manchmal eine ganze Tüte Chips, deshalb bin ich auch fast nicht in mein Kleid gekommen“), dann strömen die Promis in das Foyer, wo es sich schnell staut. Weil zu viel Andrang auf dem Teppich ja die Aufmerksamkeitsspanne der Fotografen sinken lässt, warten Profis, bis ein wenig Platz ist.
Trotzdem geht es Schlag auf Schlag, einem bekannten Gesicht folgt das nächste. Jorge Gonzales, Bruce Darnell, Ruth Moschner, Jeannine Michaelsen, Caren Miosga, Theo Koll, Sabine Heinrich, Jella Haase – es reißt nicht ab. Fünf Meter gehen die Gäste, dann heißt es wieder stehen bleiben und lächeln. „Mehr nach Links“, „ein Stück nach vorne“, „nicht so weit“. „Hier, in meine Richtung gucken.“ Jeder will ein Bild und am besten sollte es anders aussehen, als das der Kollegen.
„Seid mal ein bisschen kuscheliger“
Deshalb entwickeln die Menschen hinter den Kameras Kreativität. „Seid mal bisschen kuscheliger“, fordern sie zum Zusammenrücken auf oder bitten angesichts wehender Roben: „Einmal drehen.“ Und wenn das nicht reicht, kommen Fragen: „Könnt ihr euch mal Huckepack nehmen?“ Nein, können sie nicht. Mancher verliert da kurzfristig den Überblick. „Wer war die Frau?“, fragt einer und erntet Schulterzucken. „Aber das Kleid war toll.“ Und ein Mann mittleren Alters steht 15 Sekunden um Blitzlichtgewitter, bis einer fragt: „Du bist doch Schauspieler, oder?“ Der Mann lacht. „Nicht, dass ich wüsste.“
Macht nichts. Viel schlimmer ist, dass im Hintergrund immer wieder Menschen stehen bleiben, die die Öffentlichkeit nicht kennt, um Selfies vor dem Fernsehpreis zu machen. „Eh, weg da“, kommt es genervt von allen Seiten. Und wenn ganze Gruppen von Redakteuren, Drehbuchschreibern, Regisseuren oder Produzenten hinter der Prominenz über den Teppich gehen, kommt schnell und barsch die Aufforderung: „Gehen sie weiter.“ Aber es gibt hier eben viel zu sehen. Deshalb steigt der Blutdruck beim einen oder anderen. „Ich kriege gleich einen Blutrausch“, sagt einer der Fotografen.
Kaulitz-Brüdern dauert das Posieren zu lange
Grundsätzlich aber läuft es. Hier ein Lächeln, da ein Witzchen. Man kennt sich und selbst wenn man sich mal nicht schätzt, braucht man sich. Nur die Kaulitz-Brüder sind es irgendwann leid, stoppen das Posieren und eilen nach der Hälfte des Weges vom Teppich - was Fassungslosigkeit bei dem Teil der Fotografen auslöst, die nicht mehr zum Zuge gekommen sind. „Geht’s noch?“ Immerhin: Als Bill und Tom den Preis für die beste Unterhaltungs-Show (That’s my Jam) gewinnen, kehren sie, wie alle Preisträger, noch einmal zum Foto-Shooting zurück.
Kurz vor 18 Uhr macht sich Entspannung breit. Doch es ist eine trügerische Ruhe. Kurz vor Schluss kommen – fast gleichzeitig – Oliver Pocher, Luke Mockridge und Evelyn Burdecki. Acht Hände und vier Augen müsste man haben, hat aber viel weniger. „Watt‘n Stress“, murmelt ein Fotograf. Tim Mälzer nutzt derweil die Gunst des Augenblicks und schlüpft fast unbemerkt hindurch.
Nachzügler bekommen volle Aufmerksamkeit
Hinten im Foyer werden die Gäste bereits aufgefordert, in den Saal zu gehen, da kommen mit Giovanni und Jana Ina Zarrella und Let’s Dance-Siegerin Anna Ermakova samt Mutter Angela noch ein paar Nachzügler und genießen – gewollt oder ungewollt – die volle Aufmerksamkeit. Dann ist Schluss, die Show beginnt. Die Fotografen packen leere Akkus und volle Speicherkarten weg. „Hast du alle“, fragt einer auf dem Weg ins Pressecenter einen Kollegen. „Ich hoffe“, lautet die Antwort gefolgt von einer kurzen Bilanz. „War geil, brauche ich aber nicht jede Woche.“
Das sind die wichtigsten Preisträger und Preisträgerinnen 2023
Bester Fernsehfilm
Die Bürgermeisterin (ZDF/Network Movie)
Bester Mehrteiler
Der Schwarm (ZDF/Intaglio Films/ndF IP)
Beste Drama-Serie
Kleo (Netflix/Zeitsprung Pictures)
Beste Comedy-Serie
King of Stonks (Netflix/btf)
Beste Schauspielerin
Jella Haase für Kleo (Netflix/Zeitsprung Pictures)
Bester Schauspieler
Philip Froissant für Die Kaiserin (Netflix/Sommerhaus Serien)
Beste Regie Fiktion
Nina Vukovic für Der Schatten (ZDFneo/Keshet Tresor Fiction
Beste Doku-Serie
Joko Winterscheidt Presents: The World’s Most Dangerous Show
(Prime Video/Florida Entertainment/K2H/27 KM Entertainment)
Beste persönliche Leistung Information
Arndt Ginzel für die Berichterstattung zum Ukraine-Krieg (ZDF)
SPORT Beste Sportsendung
FIFA Fußball-Weltmeisterschaft Katar 2022 (ZDF)
EHRENPREIS DER STIFTER
Michael „Bully“ Herbig
Beste Unterhaltung Show
That’s my Jam mit Bill und Tom Kaulitz (RTL+/SEO Entertainment)
Beste Comedy/Late Night
TV Total (ProSieben/Raab TV/Brainpool)
Bestes Factual Entertainment
Zum Schwarzwälder Hirsch – eine außergewöhnliche Küchencrew und Tim Mälzer
(VOX/Vitamedia Film)
Beste Unterhaltung Reality
Ich bin ein Star – Holt mich hier raus! (RTL/ITV Studios Germany)
Beste Einzelleistung/Moderation Unterhaltung
Barbara Schöneberger für Eurovision Song Contest 2023 – Unser Lied für Liverpool
(ARD/NDR/Bildergarten Entertainment)
Beste Regie Unterhaltung
Mark Achterberg für Die Giovanni Zarrella Show (ZDF/Bavaria Entertainment)
und Let’s Dance (RTL/Seapoint/BBC Studios)
Beste Information
August 2022: Sechs Monate Krieg gegen die Ukraine – tagesthemen live aus Kiew (ARD)
Bestes Infotainment
Sterben für Anfänger (RTL+/I&U TV Produktion)
Beste Dokumentation/Reportage
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(ProSieben/PQPP2
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