Berlin. Robert Habeck will die Regeln zum Export deutscher Waffen ins Ausland verschärfen. Die Industrie warnt vor einem nationalen Alleingang.
An welche Länder liefert Deutschland Waffen? Mit dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine brach die Bundesregierung mit der jahrzehntealten Regel der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik, keine Waffen in Kriegs- und Krisengebiete zu liefern. Bei der militärischen Unterstützung der Ukraine soll es auch bleiben, wie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erst am vergangenen Donnerstag bei seinem Besuch in Kiew versicherte. Angetreten ist die Koalition von SPD, Grünen und FDP jedoch mit dem Anspruch, die Ausfuhr deutscher Rüstungsgüter strenger zu regeln.
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In der Vergangenheit hatte es immer wieder Diskussionen um Waffenlieferungen aus Deutschland an autoritäre Staaten wie Saudi-Arabien gegeben. Zuständig für die Neuregelung ist das Bundeswirtschaftsministerium von Vizekanzler Robert Habeck (Grüne). In Kürze will Habeck Eckpunkte für das im Koalitionsvertrag vereinbarte neue Rüstungsexportkontrollgesetz vorlegen.
Regierung will eine restriktive Rüstungsexportpolitik
„Mit diesem Gesetz sollen verbindliche Regelungen für eine restriktive Rüstungsexportpolitik festgeschrieben werden“, sagte Habecks Staatssekretär Sven Giegold (Grüne), bevor das Ministerium im April die Meinung von Vertretern aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Kirchen und auch der Rüstungsindustrie einholte.
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Die Arbeiten an den Eckpunkten stehen nun offenbar kurz vor dem Abschluss – und beinhalten einem „Spiegel“-Bericht zufolge eine grundlegende Neuregelung der deutschen Exportpolitik für Rüstungsgüter. Demnach plant Habecks Ministerium, dass künftig besonders das potenzielle Empfängerland und sein innen- und außenpolitisches Handeln als Kriterium für eine Exportentscheidung betrachtet werden. Bisher ging es vor allem um die Frage, ob das Kriegsgerät zur Verletzung von Menschenrechten missbraucht werden kann.
Industrie warnt vor deutschem Alleingang
Im Klartext heißt das: Bisher bekamen autoritäre Staaten zwar beispielsweise Kriegsschiffe aus Deutschland, nicht jedoch Gewehre, die zur Unterdrückung der Opposition im Land genutzt werden können. In Zukunft könnte die Bundesregierung Waffenlieferungen an Autokraten ganz verhindern, während als demokratische Partner definierte Staaten wie die Ukraine weiterhin beliefert werden. In der Industrie wächst angesichts solcher Überlegungen die Befürchtung, dass die deutsche Rüstungsbranche gegenüber der ausländischen Konkurrenz ins Hintertreffen geraten könnte.
Der Präsident des Industrieverbands BDI, Siegfried Russwurm, warnt Wirtschaftsminister Habeck daher vor einer einseitigen Verschärfung der Richtlinien für Rüstungsexporte: „Schon heute entscheidet der Bundessicherheitsrat über jeden Rüstungsexport einzeln. Das deutsche Rüstungsexportregime ist weltweit eines der strengsten“, sagte Russwurm unserer Redaktion. „Statt eines nationalen Alleingangs sollte sich die Bundesregierung deshalb, auch im Hinblick auf gemeinsame Rüstungsprojekte, für eine europäische Regelung stark machen.“
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Bis zum russischen Angriff auf die Ukraine habe es Debatten darüber gegeben, ob eine Verteidigungsindustrie ethisch vertretbar sei, erinnerte Russwurm. „Jetzt stellen wir fest: Die Idee der Friedensdividende hat ihre Grenzen, und wir brauchen Rüstungsgüter, um Sicherheit und Verteidigung in Europa gewährleisten zu können.“
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