Berlin. Deutschlands Wirtschaft ist eng mit China verbunden. Das bereitet der Bundesregierung Sorgen – nun schlägt sie einen neuen Kurs ein.
In den höchsten Tönen beschreibt Li Qiang das deutsch-chinesische Verhältnis: „Wir sind bereit, mit Deutschland Hand in Hand nach vorne zu gehen“, sagt Chinas Ministerpräsident und preist die wirtschaftlichen Möglichkeiten seines Landes. Gemeinsam mit weiteren Mitgliedern der chinesischen Regierung ist Li zu den siebten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen nach Berlin gekommen.
Das Verhältnis ist jedoch nicht so rosig, wie der Gast es beschreibt. Deutschland und andere westliche Staaten blicken beunruhigt auf das asiatische Riesenreich: wegen Chinas Drohgebärden gegenüber Taiwan, wegen der Nähe Pekings zu Russland, wegen seines Strebens nach wirtschaftlicher und politischer Dominanz.
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Die wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen Deutschland und China sind eng – zu eng, sagen manche. Die Bundesregierung fürchtet eine Abhängigkeit, die im Konfliktfall die deutsche Wirtschaft massiv erschüttern kann. China ist seit sieben Jahren Deutschlands wichtigster Handelspartner. Waren im Wert von fast 300 Milliarden Euro handelten die beiden Staaten 2022 miteinander. Aus keinem Land der Erde kaufte Deutschland im vergangenen Jahr mehr Waren als aus China.
Die Angst vor der Abhängigkeit von China
Elektronik und Rohstoffe aus China sind für Deutschland nicht wegzudenken. „Viele Produkte des täglichen Lebens, aber auch Waren für die Energiewende kommen inzwischen zu einem Großteil aus China“, bilanziert das Statistische Bundesamt das erste Quartal 2023. „Made in China“ steht demnach auf neun von zehn importierten Laptops. Dasselbe gilt für zwei Drittel aller Smartphones sowie 40 Prozent aller Lithium-Ionen-Akkus.
Auch für Rohstoffe ist China mit Abstand Deutschlands wichtigster Handelspartner: Von den seltenen Erden, die für viele Zukunftstechnologien wie etwa die Elektromobilität unverzichtbar sind, kommen mehr als 90 Prozent aus China. Kanzler Olaf Scholz reist deswegen gezielt um die Erde, um neue Rohstoff-Partnerschaften zu schmieden.
Kommentar zum Umgang mit China: Jetzt ist klare Kante gefragt
Angesichts der politischen Spannungen will Deutschland das Risiko im Umgang mit der asiatischen Großmacht verringern. Die Bundesregierung ruft die mehr als 5000 in China vertretenen deutschen Firmen auf, neue Lieferketten aufzubauen. Deutschland wolle sich nicht von China abkoppeln, seine Wirtschaftsbeziehungen aber breiter aufstellen, sagt Scholz beim Besuch von Li.
Entwicklung auf dem Automarkt im Fokus
Besonders in den Fokus geriet zuletzt die Automobilbranche: Fast ein Drittel der nach Deutschland importieren Elektroautos stammt inzwischen aus China. Vor einem Jahr hatte der Anteil noch bei knapp acht Prozent gelegen. China gilt mit seinen mehr als 1,4 Milliarden Einwohnern als wichtigster Auto-Absatzmarkt weltweit.
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In den ersten drei Monaten des Jahres ging der Export von deutschen Kraftwagen und Kraftwagenteilen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum allerdings um ein Viertel zurück. Volkswagen verlor kürzlich seine langjährige Stellung als Marktführer in China an den einheimischen BYD-Konzern.
Kann Li die Sorgen der Deutschen vor dem Aufstieg seines Landes verstehen? Die Frage bleibt unbeantwortet: Anders als sonst üblich im Kanzleramt sind nach der Pressekonferenz von Scholz und dem Gast aus China keine Fragen von Journalisten erlaubt. Darauf hat die chinesische Delegation bestanden.
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