Berlin. Armin Laschet triff in der ARD-Wahlarena auf eine "Fridays for Future"-Aktivistin – ohne zu wissen, dass sie ein Coaching bekommen hat.
- Armin Laschet musste sich in der "Wahlarena" im Ersten kritischen Fragen von Zuschauern stellen
- Weil sich darunter auch eine mediengeschulte Klimaaktivistin befand, gab es Kritik an der Sendung
- So verteidigt der NDR nun die Einladung der 15-Jährigen
Bürgerinnen und Bürger und ihre Alltagsprobleme treffen auf die Politik, das Grundkonzept von sogenannten „Townhall“-Formaten. In Sendungen wie „Klartext“ beim ZDF oder der Wahlarena im Ersten stellen sich die Kanzlerkandidaten und die -kandidaten Menschen, denen sie sonst nicht begegnen würden.
So auch am Mittwochabend Armin Laschet in der Wahlarena der ARD. Moderiert von NDR-Chefredakteur Andreas Cichowicz und WDR-Chefredakteurin Ellen Ehni, bietet die Sendung einigen der rund 60 Menschen im Publikum Gelegenheit, ihre Fragen an Laschet loszuwerden. Es geht um Arbeitslosigkeit, die Legalisierung von Cannabis, Blutspenden von homosexuellen Männern – und ums Klima.
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Sie sei 15 Jahre alt, Schülerin, Klimaaktivistin bei "Fridays for Future" und „sehr verärgert“, so stellt sich Maia Stimming vor. Sie wirft Laschet Versagen in der Klimapolitik vor, erinnert an die Räumung des Hambacher Forsts und fragt dann, was seine Sofortmaßnahmen wären in den ersten hundert Tagen seiner Regierungszeit, sollte er Kanzler werden.
Keine ungewöhnliche Frage in einem Wahlkampf, in dem es immer wieder auch um den Kampf gegen den Klimawandel ging. Was in der Sendung nicht zur Sprache kommt: Stimming ist besser vorbereitet als andere, die Laschet in der Wahlarena befragen. Sie hat im Voraus ein Medientraining absolviert, bei der „Aktivist:innen Agentur“ aus Hamburg.
Medientraining bei Linksextremistin
Die Agentur hat es sich zur Aufgabe gemacht, Vertreter sozialer Bewegungen häufiger in Talkshows und anderen Fernsehformate zu bringen. Man wolle Aktivsten und Aktivistinnen mit Trainings und Coachings dazu befähigen, „den Schritt vor Kameras und Mikrofone zu wagen“, heißt es auf der Website.
Hinter dem Projekt steht unter anderem Emily Laquer von der Interventionistischen Linken, die der Verfassungsschutz als „Bindeglied zwischen Autonomen, dogmatischen und sonstigen Linksextremisten bis hin zu demokratischen Protestinitiativen“ betrachtet. Laquer feiert Stimmings Auftritt auf Twitter.
Es ist nicht das erste Mal, dass die Wahl der Gäste beim ARD-Format Fragen aufwirft: Auch Annalena Baerbock war bei ihrem Auftritt in der „Wahlarena“ Anfang September bereits auf Fragensteller getroffen, die nicht nur ein privates Interesse an ihren Antworten hatten.
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Baerbock traf auf AfD-Mitglied und Braunkohle-Angestellten
Zweimal wurde Baerbock damals danach gefragt, ob der Energiebedarf Deutschlands durch erneuerbare Energien wirklich zu decken sei. Einer der Fragesteller, Werner Vieler, sitzt für die AfD in der Bürgerschaft von Lübeck. Der andere, Joachim Werlich, kommt aus der Lausitz und arbeitet für den Energiekonzern Vattenfall. Der NDR erklärte damals auf Twitter, die Redaktion sei über den „Background“ von Werlich informiert gewesen und sehe darin kein Problem. „Er hat seine Frage als betroffener Bürger der Region gestellt.“
Beide Vorgänge lösten in sozialen Netzwerken eine Debatte aus über die Auswahl der Gäste einer Sendung, von der die ARD sagt, sie solle „einen möglichst großen Querschnitt der Bevölkerung“ abbilden.
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Bewerben für die „Wahlarena“ kann sich jeder und jede, zusätzlich schlägt laut NDR das Meinungsforschungsinstitut infratest dimap Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor. Die Redaktion habe vorab ausführliche Gespräche mit allen, die sich beworben hatten, geführt und zu deren persönlichem Hintergrund recherchiert, teilte der Sender auf Anfrage dieser Redaktion mit. Alle Teilnehmenden seien vorab dem BKA gemeldet worden, die Behörde habe in keinem Fall Einwände gehabt.
NDR: „Niemand kann uns jemanden in die Sendung schicken“
„Persönliches politisches Engagement und Parteimitgliedschaften der Teilnehmenden sind keine generellen Ausschlusskriterien, so lang ein politisches Mandat die Ebene eines Kreisvorsitzes nicht überschreitet.“, so ein Sprecher des Senders.
NDR-Chefredakteur Andreas Cichowicz verwies darauf, dass auch Annalena Baerbock und SPD-Kandidat Olaf Scholz kritische Fragen beantworten mussten und verwahrte sich gegen den Eindruck, instrumentalisiert worden zu sein. „Die Entscheidung, diese Menschen jeweils einzuladen, traf allein die Redaktion. Niemand kann uns jemanden in die Sendung schicken“, sagte Cichowicz auf Anfrage. (tma)
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