Berlin Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen hat „linksradikale Kräfte“ bei der SPD ausgemacht. Ein Sozialdemokrat fand dafür klare Worte.
Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen muss in den einstweiligen Ruhestand – auch deshalb, weil er in der SPD „linksradikale Kräfte“ am Werk sieht. Das lassen die Genossen nicht auf sich sitzen.
Der Vorhalt sei „einigermaßen irre“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, am Dienstag im ZDF-„Morgenmagazin“. „Dass der ehemalige Präsident so irre ist, hätte ich nicht gedacht“, sagte Schneider.
Maaßen hält umstrittene Rede
Bundesinnenminister Horst Seehofer hatte Maaßen am Montag in den einstweiligen Ruhestand geschickt. Zuvor war das Manuskript einer Abschiedsrede Maaßens vor europäischen Kollegen bekannt geworden, in der der 55-Jährige unter anderem von „linksradikalen Kräften in der SPD“ sprach.
Er habe Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier um diesen Schritt gebeten, sagte Seehofer am Montag in Berlin. Auslöser seien „inakzeptable Formulierungen“ Maaßens in einer Abschiedsrede.
Dies sei eine „Grenzüberschreitung“, so Seehofer wieter. Er sei auch „menschlich enttäuscht“ von Maaßen, so Seehofer.Vor diesem Hintergrund sei eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich.
Hans-Georg Maaßen in Ruhestand versetzt – das Wichtigste im Überblick
- Umstrittenen Äußerungen von Maaßen zu den Vorfällen im Chemnitz im August haben die große Koalition in Berlin in eine Regierungskrise gestürzt
- Zunächst sollte Maaßen ins Innenministerium als Staatssekretär befördert werden
- Davon rückte die Regierung nach Protesten ab, Maaßen sollte als Berater fungieren
- Doch jetzt erneut die Rolle rückwärts: Nach einer Rede wurde Maaßen von Horst Seehofer in den Ruhestand versetzt
bis zeitnah über die Nachfolge entschieden werde.
Abschiedsrede wurde Maaßen zum Verhängnis
Nach dpa-Informationen beklagte Maaßen am 18. Oktober vor europäischen Kollegen in Warschau, seine Äußerungen zu den Vorfällen in Chemnitz seien für diese Kräfte willkommener Anlass gewesen, einen Bruch der großen Koalition zu provozieren.
Zuvor war bekannt geworden, dass Maaßen selbst um eine
gebeten hatte. Ein entsprechendes Ersuchen hatte er in der vergangenen Woche an das Bundesinnenministerium gerichtet, wie unsere Redaktion aus Sicherheitskreisen erfuhr.
Regierungssprecher Steffen Seibert hatte zuvor erklärt, Kanzlerin Angela Merkel gehe davon aus, dass Seehofer „zeitnah die angemessenen Entscheidungen trifft“.
In seiner jetzt kritisierten Rede vom 18. Oktober in Warschau vor dem „Berner Club“ von Verfassungsschutz-Kollegen hatte der Geheimdienstchef erklärt, dass er sich ein Leben außerhalb des öffentlichen Dienstes vorstellen könne. Er könne „auch die Politik oder in den privaten Sektor“ wechseln, sagte er laut Manuskript.
Rede vor „Berner Club“ inhaltlich provokant
In Umlauf kam die Rede, weil sie im Intranet des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) veröffentlicht wurde.
In dem Papier verteidige Maaßen auch seine Zweifel an „Hetzjagden“ am Rande einer rechtsextremen Demonstration in
, berichtet die dpa. Die habe es nach Ermittlungen der Polizei, des Staatsanwaltes, lokaler Medien und Mitarbeitern des Verfassungsschutzes nicht gegeben, sagte Maaßen laut Manuskript.
Maaßen hatte bereits im Sommer trotz eines belegten Videos bezweifelt, dass es zu
auf Ausländer gekommen sei. In dem Video war zu sehen, wie Neonazis eine Gruppe von Menschen mit Migrationshintergrund über eine Straße jagt. Maaßen hatte in einem Interview mit der „Bild“-Zeitung Zweifel an der Quelle des Videos und der Authentizität geäußert.
Maaßen hatte in dem Video sogar eine Falschinformation gesehen, die von einem Mord in Chemnitz habe ablenken sollen. In Chemnitz war am 26. August ein 35 Jahre alter Deutscher erstochen worden. Tatverdächtig sind Asylbewerber.
Causa Maaßen führte beinahe zum Bruch der Regierung
Schilderungen von Opfern sowie Recherchen zahlreicher Medien hatten jedoch die Authentizität des Videos deutlich belegt. Auch Bundeskanzlerin
hatte die Jagd auf ausländische Mitbürger thematisiert.
Im Nachgang relativierte
seine Äußerungen mehrfach. Der Streit um Maaßen hatte im September eine Koalitionskrise ausgelöst, die fast zum Bruch der Regierung geführt hätte. Die Zwischenlösung, dass
wurde jetzt verworfen. (san/moi/bekö/dpa/rtr)

Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Politik