Berlin Mitten im Ukraine-Krieg ist Altkanzler Gerhard Schröder nach Moskau gereist. Er will vermitteln. Gelingt es ihm, Putin umzustimmen?
Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) ist nach Moskau gereist, um zwischen Russland und der Ukraine zu vermitteln. Ein Coup. Völlig überraschend. Er hat kein Mandat der Bundesregierung. Auch der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, war nicht eingeweiht.
Schröder sprach bereits am Donnerstag mit Russlands Staatschef Wladimir Putin. Offiziell wurde das Treffen nicht bestätigt, hinter vorgehaltener Hand schon. Unklar ist, ob er beim Versuch, den Ukraine-Krieg zu beenden, weiter gekommen ist.
Seine Ehefrau Soyeon Schröder-Kim postete auf Instagram ein Foto von sich, die Hände zum Gebet gefaltet, dazu ein Gebets-Emoji. Viel wichtiger ist ein anderes Detail: Im Hintergrund ist die berühmte Basilius-Kathedrale auf dem Roten Platz in Moskau zu sehen.
Die SPD, die mit Schröder gebrochen hatte, änderte die Tonlage. „Alles was hilft gerade, um diesen furchtbaren Krieg zu beenden, ist ja willkommen“, sagte Parteichef Lars Klingbeil. Ob es etwas nütze, werde man sehen. Jede Gesprächssituation sei „erstmal was Vernünftiges“.
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Schröder – der Mann mit dem engen Draht zu Putin
Es gibt nicht viele westliche Spitzenpolitiker, die einen engen persönlichen Draht zu Putin haben, eigentlich nur zwei: Finnlands Präsident Sauli Niinistö, der mit dem Kremlchef schon mal Eishockey spielt, und eben der 77-jährige Schröder.
Über ihn sagte Putin noch im Februar, er sei ein "anständiger Mann, vor dem wir großen Respekt haben". Beide kennen sich seit Jahrzehnten. Schröder arbeitet seit Langem für ein russisches Energieunternehmen.
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Merkel setzte Schröder ein, Scholz nicht
Schröder hatte mehrfach seine Vermittlerdienste indirekt angeboten, stets mit dem Hinweis versehen, dass er dazu ein Mandat der Bundesregierung brauche. Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte seine Mittlerdienste in Anspruch genommen, ihr Nachfolger Olaf Scholz (SPD) nicht. Er schweigt.
Zuletzt machte Schröders Frau deutlich, dass er alles tue, um zu helfen. "Ihr könnt sicher sein, was auch immer mein Mann tun kann, um zur Beendigung des Krieges beizutragen, wird er tun und zwar unabhängig von Ultimaten der SPD oder anderen Organisationen wie etwa dem DFB", postete sie.
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Der Altkanzler ist im Zentrum der Macht
Irgendwann muss ihr Mann zur Überzeugung gelangt sein, dass er auf eigene Faust handeln müsste – auch um seinen daheim ramponierten Ruf zu retten. Sollte er den Frieden erreichen, wird er seine Partei beschämen. Die SPD war verärgert, weil er nach Kriegsbeginn weder seine Tätigkeiten für russische Unternehmen beendet noch sich von Putin distanziert hatte.
Am Mittwoch reiste er erstmal nach Istanbul, von dort weiter wurde er laut dem Portal "Politico" mit einer russischen Maschine nach Moskau gebracht. Als anderntags in dem türkischen Badeort Antalya die ersten Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine auf Außenministerebene begannen, war Schröder schon beim einzigen Mann, der diesen Krieg beenden kann.
Die Reise des Ex-Kanzlers lässt vor allem seinen Nachfolger, Olaf Scholz, unglücklich aussehen. Die Bundesregierung scheitert gerade auf allen diplomatischen Wegen, Putin zum Stopp der Angriffe in der Ukraine zu bewegen. Entsprechend schmallippig äußerte sich Vize-Regierungssprecher Wolfgang Büchner: "Das kommentieren wir nicht." Scholz selbst sagte sich nach dem EU-Gipfel in Versailles zu der Reise Schröders lediglich: "Wir werden sicherlich die Ergebnisse zur Kenntnis nehmen können."
Auch von Seiten der Ukraine und Russlands wurden die Rätsel um die Russland-Reise Schröders nicht gelüftet. Gerüchteweise kam die Bitte um Vermittlung aus Kiew. Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, sagte jedoch, er wisse nicht, in wessen Auftrag der Altkanzler in Moskau sei.
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Dieser Artikel erschien zuerst auf www.waz.de
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