Elmau. Beim G7-Gipfel steht der Ukraine-Krieg im Mittelpunkt. Zum Auftakt empfängt Gastgeber Scholz den US-Präsidenten – und erfährt viel Lob.
US-Präsident Joe Biden und Bundeskanzler Olaf Scholz haben den Westen wegen des Ukraine-Kriegs zur weiteren Geschlossenheit gegenüber Russland aufgerufen. „Wir müssen sicherstellen, dass wir zusammenstehen“, sagte Biden bei einem Treffen mit Scholz vor dem offiziellen Beginn des G7-Gipfels in Schloss Elmau.
Russlands Präsident habe vergeblich darauf gesetzt, dass sich die Nato und die G7 „irgendwie spalten“, sagte Biden. Das werde aber nicht passieren. Auch Scholz versicherte: „Wir bleiben geschlossen.“ Biden dankte Deutschland für seinen Beitrag bei den Sanktionen gegen Russland und Waffenlieferungen an die Ukraine und nannte Deutschland den wichtigsten Verbündeten in Europa.
Scholz als Gastgeber des G7-Gipfeltreffens, bei dem der Ukraine-Krieg im Mittelpunkt steht, empfing Biden auf der Terrasse des Gipfelpavillons des hermetisch abgeriegelten Luxushotels in den bayerischen Alpen bei Garmisch-Partenkirchen. Die Begrüßung war locker und herzlich. Beim Anblick des Gipfelpanoramas im Sonnenschein sagte Biden: „Es ist wunderschön. Ich bin lange nicht mehr Ski gefahren“.
Er würde jetzt gern wandern, sagte Biden, Scholz stimmte zu. Der US-Präsident war bereits am Samstagabend angereist: Die Präsidentenmaschine Air Force One landete in München, von dort ging es mit dem Hubschrauber und einer Autokolonne weiter nach Elmau. Am Sonntag morgen besuchte Biden zunächst die katholische Messe auf Schloss Elmau, beim Priester handelte es sich um einen Militärgeistlichen der US-Streitkräfte.
G7-Gipfel in Elmau: Biden will seine Führungsrolle unterstreichen
Auf dem Flug nach Deutschland hatte Biden vor mitreisenden Journalisten klar gemacht, dass er in Elmau die Führungsrolle der USA unterstreichen wolle – und vor allem seine eigene, natürlich. Dabei wissen die anderen Gipfelteilnehmer, dass Bidens Position im eigenen Land inzwischen erheblich geschwächt ist: Fünf Monate vor den Zwischenwahlen sind seine Zustimmungswerte in den USA in die Tiefe gerauscht, und weltweit ist sein Ansehen gesunken, auch in Europa.
Aber noch vor Beginn des Gipfels hatte Biden inhaltliche Pflöcke eingeschlagen: Neue Sanktionen gegen Russland sollen nun den Gold-Export treffen, womit der russischen Wirtschaft weitere Einnahmen entgehen sollen. Mit Gold, dem wichtigsten Exportgut außerhalb des Energiebereichs, hatte Russland voriges Jahr rund 15 Milliarden Euro eingenommen.
Biden kündigte am Morgen an, dass der Gipfel ein Importverbot für russisches Gold beschließen werde: „Die Vereinigten Staaten haben Putin beispiellose Kosten auferlegt, um ihm die Einnahmen zu entziehen, die es zur Finanzierung seines Krieges gegen die Ukraine benötigt“, schrieb der Präsident auf Twitter.
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Das Edelmetall hat für russische Oligarchen eine besondere Bedeutung, weil sie durch Goldankäufe versuchen, westliche Sanktionen zu umgehen. Biden wollte beim G7-Gipfel außerdem eine Preisobergrenze für russisches Öl verabreden. Damit sollten einerseits die Einnahmen Russlands aus dem Energieexport gesenkt und gleichzeitig der dramatische Ölpreis-Anstieg begrenzt werden.
G7-Treffen: Preisobergrenze für russisches Öl soll Putins Einnahmen schrumpfen lassen
Biden wollte beim G7-Gipfel außerdem eine Preisobergrenze für russisches Öl verabreden. Damit sollten einerseits die Einnahmen Russlands aus dem Energieexport gesenkt und gleichzeitig der dramatische Ölpreis-Anstieg begrenzt werden.
Unmittelbar nach dem Gespräch begrüßten Scholz und seine Ehefrau Britta Ernst die anderen Staats- und Regierungschefs aus Frankreich, Italien, Großbritannien, Kanada und Japan. Daran schloss sich am Mittag die erste Arbeitssitzung zur Lage der Weltwirtschaft an – ein zentrales Thema, weil die Mischung aus Energiekrise, Inflation und drohender Rezession allen westlichen Industriestaaten stark zusetzt.
Der Gipfel soll bis Dienstag vor allem über die Ukraine-Krise, Maßnahmen gegen die drohende Hungerkatastrophe, die Stärkung der Demokratien weltweit und ein gemeinsames Vorgehen zum Klimaschutz beraten.
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Für Britta Ernst war es der erste Auftritt auf internationalem Parkett an der Seite des Kanzlers. Die 61-Jährige, die als brandenburgische Bildungsministerin selbst zur politischen Führungsriege in der SPD gehört, wird ein umfangreiches Programm für die Partnerinnen und Partner der Gipfelteilnehmer leiten.
Die Anreise der Staats- und Regierungschefs nach Schloss Elmau war ohne Zwischenfälle verlaufen. Nach Polizeiangaben gab es keine Blockaden oder Störmanöver von Gipfel-Gegnern. Allerdings war die sogenannte Protokollstrecke im Raum Garmisch-Partenkirchen auch massiv gesichert, vielfach mit Zäunen, zehntausende Gully-Deckel wurden versiegelt. Lesen Sie auch: G7-Gipfel: Bundespolizei mobilisiert alle Reserven
Es war für Scholz bereits die dritte Begegnung mit Biden: Im November 2021 hatte er Vorgängerin Angela Merkel zu einem Dreier-Gespräch am Rande des G20-Gipfels in Rom begleitet, im Februar traf er Biden zum Antrittsbesuch im Weißen Haus. Damals hatte Biden den Kanzler schon als absolut vertrauenswürdig und Deutschland als wichtigsten Verbündeten gepriesen.
Der US-Präsident hatte aber für Aufsehen gesorgt, weil er selbst das bevorstehende Aus für die Gaspipeline Nord Stream 2 ankündigte, während Scholz solche Festlegungen zum damaligen Zeitpunkt noch vermied.
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