Oberhausen. Marie-Theres kam mit körperlichen Problemen zur Welt, die sie immer noch einschränken. Labrador Amy soll ihr helfen – aber der Hund ist teuer.
Sie kam, sie schnüffelte, sie siegte. Als Hundetrainer Ulrich Zander das erste Mal aus dem fernen Lalendorf (Mecklenburg-Vorpommern) mit Amy in Oberhausen anreiste, um Familie Krause zu besuchen, entdeckte Petra Krause den Hund als erste: ein schokoladen-brauner Labrador. „Du wirst dich freuen“, rief sie ihrem Mann zu. Auf dessen Wunschzettel hatte immer genau so ein Vierbeiner gestanden. „Aber eine Einschränkung gibt es, es ist eine Hündin“, informierte die Mutter. Ihr Mann stöhnte: „Noch eine Frau.“
Dabei ist die junge Dame Amy ein ganz besonderes Geschöpf. Sie wird in einem Jahr der Assistenzhund von einem genauso besonderen Mädchen sein. Zander, der sonst meist zwei, drei seiner Schützlinge zur Auswahl zum ersten Kennenlerntermin mitnimmt, war sich bei Amy absolut sicher. „Ich wusste, dass zwischen Familie Krause und Amy die Chemie stimmen würde“, sagt er. So war es dann auch.
Marie-Theres ist ein Sonnenschein
Mit Amy erhält Marie-Theres (8), das zweite Kind der Familie Krause, einen Hund, der sie in vielem unterstützen, ihre Eigenständigkeit fördern kann: heruntergefallene Dinge aufheben, das Licht an- und ausschalten, den Rollstuhl über kleine Hindernisse ziehen oder etwa die Socken ausziehen. Die junge Labradorhündin wird für Amy aber auch ein ruhender Pol sein, ihr Sicherheit geben, sogar mit zur Schule gehen. Denn Amy, die jetzt die dritte Klasse einer Grundschule besucht, bekam an Krankheiten einiges in die Wiege gelegt, was jetzt als eine Folge – besonders wenn es laut wird – für Unruhe bei ihr sorgt.
„Bei Voruntersuchungen während der Schwangerschaft wurden bei Marie-Theres Spina Bifida und Hydrocephalus diagnostiziert“, erzählt die Mutter. Ein offener Rücken und eine Erkrankung, bei der das Hirnwasser nicht richtig abfließen kann, gestalten den Alltag des Mädchens nicht ganz so einfach. Doch Marie-Theres sei ein Sonnenschein, sagen die Eltern. Die ganze Familie, dazu gehört auch Ann-Sophie (11), ist unternehmungslustig und anpackend. Was Amy angeht, war Ann-Sophie sehr froh, dass ihre beiden Kaninchen den Hund nicht interessierten.
Amy, die auch an diesem Vormittag 550 Kilometer Autofahrt hinter sich hat, ist völlig relaxed. Mit gerade einmal eineinhalb Jahren beherrscht sie Dinge, die jeder normale Hund beherrschen sollte – 2000 Lernstunden hat Ulrich Zander ihr bis dahin angedeihen lassen. In 400 weiteren Stunden wird sie alle die Dinge lernen, die sie zum Assistenzhund machen. Als solcher soll sie Marie-Theres bei vielen kleinen Dingen des Alltags unterstützen und ihr mehr Unabhängigkeit verleihen. „Wir wollten immer zwei Kinder, eher vier und einen Hund“, sagt Ulrich Krause. Es kam dann alles etwas anders. Ein Schwangerschaftsabbruch stand für das Ehepaar aber nie zur Debatte. Und auch unter den geänderten Vorzeichen ist die kleine Familie ja nun komplett.
Ein Problem gibt es aber noch. Amy wird in einem Jahr bei Krauses einziehen. Dann ist sie ein voll ausgebildeter Assistenzhund. Und teuer. 25.000 Euro wird die Familie an das WZ Hundezentrum zahlen müssen. Denn die Krankenkassen hierzulande zahlen nichts für Assistenzhunde. „Sie stehen nicht im Hilfsmittelkatalog“, bedauert Petra Krause. In den Niederlanden oder England sei man da schon viel weiter. „Diese hohe Summe können wir alleine gar nicht stemmen“, sagen Krauses zu Amys Kaufpreis. Sie hoffen jetzt auf die Unterstützung vieler freundlicher Bürger. Wer sich mit der Familie in Verbindung setzen möchte, kann das unter 0173-726 69 40 oder unter petrakrause@t-online.de.
Individuelle Ausbildung für jedes Tier
Der Name „WZ Hundezentrum“ steht für die Abkürzung der Nachnamen der beiden Inhaber Kirstin Wilkin und Ulrich Zander. Das Paar lebt mit seinen Hunden auf einem Hof in Lalendorf in Mecklenburg-Vorpommern.
Ulrich Zander erzählt, wie seine Frau, eine studierte Juristin, und er zu ihrer jetzigen Berufung gelangten: „Wir sind mit unserem Hund in eine Hundeschule gegangen, und da wollte ich nur zum Spaß den Hundetrainer-Schein machen“, sagt er. Sie hätten eine tolle Lehrerin gehabt. Die Frau bildete auch Blindenhunde aus. Sie habe Ulrich Zanders Talent erkannt.
Und jetzt bilden Zander und Wilkin selbst pro Jahr zehn Hunde aus – Australian Shepherds und Labradore. Sie werden zu Assistenz-, Autismusbegleit- oder Epilepsiehunden. Zu Signalhunden für gehörlose Menschen und Schulhunden. Auch einen Klinikhund hat das Paar jüngst ausgebildet, der in einem Krankenhaus für Kinder zum Einsatz kommt.
Jedes Tier wird individuell für seinen künftigen Menschen ausgebildet. Zieht der Hund bei der neuen Familie ein, begleitet ihn der Trainer. Er wohnt mit bei der Familie, und schaut, dass Tier und Mensch zusammenwachsen. Später gibt es regelmäßige Besuche.
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