Kommentar

Warum die NRW-FDP zur Gefahr für den Kanzler wird

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Peter Toussaint kommentiert.

Peter Toussaint kommentiert.

Foto: Anna Stais / FUNKE Foto Services

Der neue Chef der nordrhein-westfälischen FDP ist mit einem schlechten Ergebnis ins Amt gekommen. Das hat Auswirkungen über NRW hinaus.

Man hat der FDP schon oft das Sterbeglöckchen geläutet – und wurde dann davon überrascht, dass sie plötzlich doch wieder zu Kräften kam. Aber man darf schon feststellen, dass es um die Liberalen in NRW schlecht bestellt ist. Vom umworbenen Traumpartner der CDU ist sie jäh zur verschmähten Ex geworden. Die Union erfreut sich an der neuen Liebe. Es läuft harmonisch zwischen Schwarzen und Grünen, und als Bürger hat man nicht den Eindruck, dass der Wechsel des Koalitionspartners zu einer Veränderung des Regierungshandelns geführt habe.

FDP und Grüne kommen beide aus dem bürgerlichen Milieu, halten die Freiheitsrechte des Einzelnen gegenüber dem Sicherheitsanspruch eines zu Übergriffen neigenden Staates hoch. Und in der Wirtschaftspolitik machen sich grüne Wirtschaftsminister – in der Folge des Ukraine-Kriegs und seiner Verwerfungen – plötzlich zum Interessenverwalter der Kohle- und Atom-Industrie.

Offenbar weiß man bei der FDP selbst nicht so genau, in welche Richtung es geht

Die Zerrissenheit der FDP erschwert den Neuanfang in NRW. Offenbar weiß man dort selbst nicht so genau, in welche Richtung es nun gehen soll. Gerade mal 54,5 Prozent für Henning Höne! Die Delegierten, die ihm ihre Unterstützung verweigerten, wissen, wie das nach außen wirkt. Es ist ihnen egal.

Man könnte das FDP-Desaster an Rhein und Ruhr achselzuckend und entspannt quittieren, wenn es nicht auch Auswirkungen auf die Bundespolitik hätte. Da ist die FDP wichtiger parlamentarischer Mehrheitsbeschaffer für Kanzler Scholz. Wichtige FDP-Leute – wie Christian Lindner und Marie-Agnes Strack-Zimmermann – kommen aus dem einst so starken Landesverband NRW. Dessen Schwäche wird auch angesichts nahender Landtagswahlen zum schwer zu kalkulierenden Risiko für die Ampel.

Am Wochenende gab’s schon einen Vorgeschmack. Strack-Zimmermann griff den Kanzler wegen seiner Zurückhaltung in der Frage von Panzerlieferungen an. Und der ließ seinen Fraktionschef zurückkeilen. Von einer Politik im Stil von Empörungsritualen „mit Schnappatmung“ sprach Rolf Mützenich. Szenen einer Ehe, die von einer ernsten Beziehungskrise zeugen.

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