Kommentar

Es wird Zeit für eine Erhöhung mit Augenmaß

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Peter Toussaint kommentiert.

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Foto: Anna Stais / FUNKE Foto Services

In vielen Städten legte Verdi wieder mal Busse, Bahnen und die Kitas lahm. Wann kommt endlich der Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst?

„Als gut bezahlter Zeitungsmensch lässt sich anscheinend die Welt, so wie wir sie im Moment erleben, einfacher meistern, als es der normal arbeitende Mensch kann.“ Das schrieb mir ein Leser, als ich vor einem Monat an dieser Stelle einen ersten Warnstreik im öffentlichen Dienst als „ärgerlich“ bezeichnet hatte. Wieder einmal spaltet ein Thema die Gesellschaft. Im neuen „Deutschlandtrend“ der ARD halten 44 Prozent der Befragten die Forderungen nach 10,5 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat, für angemessen, weiteren 8 Prozent gehen sie sogar nicht weit genug. 42 Prozent finden allerdings, dass die Forderungen der Gewerkschaften zu weit gehen.

Auch Bürgermeister äußern sich ganz unterschiedlich. Während die einen deutliche Gehaltserhöhungen befürworten, um etwa im Wettbewerb um gute Ingenieure für ihre Bauämter mit der besser zahlenden Bauindustrie konkurrieren zu können, kündigen andere schon die Schließung von Schwimmbädern und Freizeiteinrichtungen an, um die dann steigenden Personalkosten in den Griff zu bekommen. Fest steht: Wenn im öffentlichen Dienst besser bezahlt wird, müssen entweder Personal abgebaut und Angebote gestrichen, oder die Steuern für alle Bürger erhöht werden. Oder wir schieben die Quittung für den wachsenden Schuldenberg gleich unseren Enkelkindern zu.

Sind Sie bereit, mehr Steuern zu zahlen oder aufs öffentliche Freibad zu verzichten?

Die Frage im Deutschlandtrend hätte also lauten müssen: „Sind Sie bereit, mehr Steuern zu zahlen oder aufs öffentliche Freibad zu verzichten, damit die städtischen Mitarbeiter einen besseren Lohn bekommen?“ Ob da dann auch 52 Prozent zugestimmt hätten?

Selbstverständlich brauchen gerade die unteren Lohngruppen einen guten Ausgleich für die Belastungen durch die hohe Inflation. Aber gerade im öffentlichen Dienst gibt es immer noch viele Vorzüge und Sicherheiten, die das Arbeiten dort attraktiv machen.

Einen Monat nach dem ersten Warnstreik sind die Verhandlungspartner immer noch nicht weiter. Das ist ärgerlich. Denn die Opfer jedes einzelnen Warnstreiktags sitzen nicht in den Chefetagen der öffentlichen Verwaltungen. Es sind die Bürgerinnen und Bürger, die leiden.

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