Kommentar

Die beste Regierungsform braucht Hilfe der Demokraten

| Lesedauer: 2 Minuten
Peter Toussaint kommentiert.

Peter Toussaint kommentiert.

Foto: Anna Stais / FUNKE Foto Services

Die Wahl des exzentrischen Javier Milei zum argentinischem Präsidenten macht viele Beobachter fassungslos. Hält die Demokratie das aus?

Haben Sie, liebe Leserinnen und liebe Leser, die wirren Auftritte des neuen argentinischen Staatspräsidenten gesehen? Javier Milei trägt seit Jugendzeiten den Spitznamen „Der Verrückte“. Der Mann, der durch TV-Shows populär wurde, beschimpfte schon den Papst als Kommunisten, redet laut seinem Biografen gerne und ausdauernd mit seinem toten Hund und inszenierte sich schon im Kostüm mit Dreizack und machohaft mit Kettensäge – mit der will er den Staat und seine Bürokratie kurz und klein sägen.

Dieser 53-jährige ultrarechte Ökonom gewann die Stichwahl am Sonntag mit 55,7 Prozent gegen den peronistischen Wirtschaftsminister Sergio Massa sensationell klar. Sich selbst definiert er als „liberal-libertären Präsidenten“.

Reicht eine Inflation von 143 Prozent als Rechtfertigung für eine Verzweiflungswahl?

Warum nur wählen die Menschen einen solchen – gelinde gesagt – Exzentriker zum mächtigsten Mann im Staat? Reicht eine Inflation von 143 Prozent als Rechtfertigung für eine solche Verzweiflungswahl? Zeigt die Entscheidung in einer freien, gleichen und geheimen Wahl nicht auch, dass hier die Demokratie erneut seltsame Blüten treibt, vielleicht sogar gefährliche?

Man mag darauf verweisen, dass Argentinien ein Staat mit weltweit eher nachrangiger Bedeutung ist, weit weg von Deutschland. Aber es ist ja auch nicht so, dass wir es zum ersten Mal mit sonderbaren Wahlgewinnern zu tun haben, mit Lügnern, Blendern und eitlen Selbstdarstellern, die eher den eigenen Nutzen statt das Wohl des Gemeinwesens im Blick haben.

Auf die Wählerinnen und Wähler in der Bundesrepublik Deutschland war stets Verlass

Italien hat Silvio Berlusconi überlebt, und die Briten haben noch an den Folgen der Boris-Johnson-Episode zu knabbern, der die Insel aus der EU raustrickste. Und in den USA ist es alles andere als ausgemacht, dass der gefährlichste aller Präsidenten nicht ins Weiße Haus zurückkehrt. Da haben wir in Deutschland mit unserer Kanzlerin und den Kanzlern stets viel Glück gehabt. Auf die Wählerinnen und Wähler war stets Verlass – nach dem Zweiten Weltkrieg.

Wenn sich aufrechte US-Demokraten und Republikaner angesichts der Wirrköpfe auf Präsidentensesseln mit wachsenden Zweifeln herumplagen, seien sie auf den weisen britischen Staatsmann Winston Churchill verwiesen, der einst sagte: „Demokratie ist die schlechteste Regierungsform – mit Ausnahme von all den anderen Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind.“

Gerade deshalb lohnt es sich, engagiert daran zu arbeiten, dass die Demokratie immer besser wird. Und vor radikalen Wirrköpfen beschützen muss man sie auch.

Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Meinung