Online-Rollenspiele

Verloren in der virtuellen Welt von „World of Warcraft“

| Lesedauer: 4 Minuten

Lünen. Rot unterlaufene Augen, ständiges Gähnen und ein insgesamt ungepflegtes Äußeres sind nur einige der vielen Hinweise, die auf eine schlaflose Nacht hindeuten. Bei einigen Jugendlichen ist die Ursache immer häufiger nicht eine Party, sondern eine Nacht vor dem Computer. Und zwar in einer anderen Welt – der virtuellen Welt des Online-Spiels „World of Warcraft“.

Für viele Jugendliche und junge Erwachsene ist World of Warcraft (Abkürzung: WoW) so etwas wie eine zweite Realität geworden, in der sie als Hexenmeister, Magier oder Krieger umherwandern, um neue Waffen für ihre Figuren zu suchen oder um gegen andere Spieler anzutreten.

Der 16-jährige Marcel K. war selbst einer der vielen Spieler von World of Warcraft und kennt die Gefahren und Folgen des Spiels: „Ich habe es einen Monat lang gespielt. Doch dann habe ich die Finger davon gelassen, weil ich gemerkt habe, dass ich die Schule vernachlässigte. Ich habe blau gemacht und acht bis zwölf Stunden täglich am Computer verbracht“, erzählt er.

Jemand vollkommen anderes sein

In „WoW“ können die Spieler in eine andere Welt abtauchen und jemand vollkommen anderes sein. Aus Jakob wird beispielsweise Zeukus, der Schurke und aus Melanie wird Jolea, die Priesterin. Denn in diesem Spiel kann man sich neu erfinden und auch neue Kontakte knüpfen. Doch genau das wird den meisten Spielern zum Verhängnis: Sie werden süchtig. Denn nach einiger Zeit fühlen sich die Spieler dazu verpflichtet mit den neu gewonnenen Freunden online zu gehen oder mit ihnen auf sogenannte „Raids“ (engl. Angriff, Schlachtzug) aufzubrechen, die bis zu neun Stunden dauern können. So ist der Spieler an den Computer gebunden und meistens vergisst er dabei auch die reale Welt um sich herum. Das hat auch Marcel erlebt: „Das Spiel hat mich anfangs so fasziniert, dass ich erst nicht gemerkt habe, wie ich anfing mich zu verändern. Das ging bei mir soweit, dass ich mit meinen Mitspielern Termine vereinbart habe. Somit musste ich meinen Verpflichtungen in World of Warcraft nachgehen und vergaß meine Aufgaben in der realen Welt.“

Eine weitere tückische Eigenschaft von World of Warcraft ist, dass das Spiel niemals endet, da der Herausgeber Blizzard immer wieder neue Möglichkeiten bietet seine Figur mit neuen Waffen auszurüsten und es immer wieder neue Aufgaben gibt, die der Spieler mit seinem Charakter bewältigen kann. Häufig gibt es aber auch Aufgaben, bei denen man die Hilfe von anderen Mitspielern benötigt. In dem sogenannten „PvP“ (Player vs. Player) und im „PvE“ (Player vs. Environment) treten die WoW-Spieler in Teams gegeneinander an oder schließen sich zu Gruppen zusammen, um verschiedene Aufgaben zu meistern. In diesen Modi wird der Gruppenzwang noch verfestigt und die Spieler werden von den anderen Mitspielern abhängig. Da rund um die Uhr Spieler online sind, sind die Beschäftigungsmöglichkeiten in „WoW“ nahezu grenzenlos und machen es den Spielern einfach sich in diese „unreale“ Welt zurückzuziehen.

Wenn man von dem Spiel träumt, ist es schon zu spät

Im Gegensatz zu vielen anderen Spielern des beliebten Online-Rollenspiels hörte Marcel noch rechtzeitig damit auf, World of Warcraft zu spielen. „Ich denke, dass WoW schon viele Menschen in seinen Bann gezogen hat und das immer mehr hinzukommen werden“, lautet sein Fazit. Auch andere ehemalige „WoW-Spieler“ erzählen ähnliche Dinge wie Marcel K. Sie erzählen davon, dass man sogar abends im Bett noch an World of Warcraft denken muss – dann ist es oft schon zu spät. „Oft träumt man dann sogar von dem Spiel und irgendwann kann man nur noch daran denken, den Computer anzuschalten und in die Welt von WoW abzutauchen.“, erzählt Marcel. Er wird World of Warcraft nie wieder spielen, doch andere Spieler werden seine Rolle übernehmen und sie werden sich heute wieder der Welt und den Eindrücken von World of Warcraft hingeben und bis spät in die Nacht als eine vollkommen andere Person umherstreifen.

Angelina Brehm, Klasse 8a, Gymnasium Lünen-Altlünen

Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Dortmund und Kreis Unna