1100 junge Männer ziehen jährlich den Anderen Dienst im Ausland dem Zivildienst in Deutschland vor. Doch worauf müssen Interessierte bei ihren Planungen genau achten? Markus Schulte, Pressesprecher des Bundesamtes für den Zivildienst, kennt die Antworten.
ZeusPower: Vielleicht direkt einmal zum Verständnis: Wieso heißt es eigentlich "Anderer Dienst im Ausland" (ADiA) und nicht gleich "Zivildienst im Ausland"?
Markus Schulte: Zivildienst kann als hoheitlicher, staatlicher Pflichtdienst aus völkerrechtlichen Gründen nur auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland geleistet werden. Der Andere Dienst im Ausland und das Freiwillige Soziale oder Ökologische Jahr im Ausland sind daher kein Zivildienst, sie basieren auf der Grundlage eines frei zu vereinbarenden privatrechtlichen Arbeitsvertrages. Wichtig ist auch: Anerkannte Kriegsdienstverweigerer werden nicht zum Zivildienst herangezogen, wenn sie ihren freiwilligen Dienst innerhalb eines Jahres nach Vertragsabschluss und vor Vollendung des 23. Lebensjahres angetreten haben. Das Bundesamt ist hier aber im Gegensatz zum Zivildienst nicht als durchführende Behörde tätig und hat auch keinen Einfluss auf den Einsatzort der jungen Männer.
ZeusPower: Welche und wie viele junge Leute entscheiden sich tatsächlich für den "Anderen Dienst im Ausland"?
Markus Schulte: Im Jahresdurchschnitt haben wir in 2008 rund 1.100 junge Männer gezählt, die in diesem freiwilligen Dienst waren.
"Friedliches Zusammenleben der Völker fördern"
ZeusPower: Welche Aufgaben warten auf die jungen Leute im Ausland?
Markus Schulte: Der Dienst muss das friedliche Zusammenleben der Völker fördern wollen und die sozialpraktische Komponente muss im Vordergrund stehen. Die Aufgabenbereiche reichen daher von der Pflege behinderter oder älterer Menschen über Kinderbetreuung bis zu handwerklichen Tätigkeiten oder Umweltschutz. Wichtig sind selbstverständlich Sprachkenntnisse.
ZeusPower: Kann der "Andere Dienst im Ausland" in wirklich jedem anderen Land absolviert werden oder gibt es da Einschränkungen?
Markus Schulte: In fast jedem, aber entscheidend ist etwas anderes: Über das Bundesamt für den Zivildienst oder über die Website www.zivildienst.de kann ein ADiA-Informationsblatt abgerufen werden. Darin sind alle zugelassenen Träger aufgelistet. Nur wer bei einem dieser Träger einen elfmonatigen Dienst im Ausland ableistet, dem erkennt das Bundesamt den Auslandsaufenthalt nachher auch als Ersatz für den Zivildienst an.
"Kein Sold bei Anderem Dienst im Ausland"
ZeusPower: Während der Zivildienstleistende in Deutschland Geld verdient, müssen junge Leute, die sich für den "Anderen Dienst im Ausland" entscheiden, häufig Spender finden, die ihnen den Aufenthalt ermöglichen. Worauf beruht die Unterscheidung?
Markus Schulte: Da es sich aufgrund der hoheitlichen Situation nicht um einen Zivildienst handelt, wird auch kein Sold gezahlt. Der Andere Dienst im Ausland wird stattdessen auf der Grundlage eines frei zu vereinbarenden privatrechtlichen Vertrages zwischen dem anerkannten Kriegsdienstverweigerer und dem zugelassenen Träger durchgeführt. Der Träger sorgt – oft in Verbindung mit ausländischen Partnerorganisationen – für Reisekosten, Unterkunft und Verpflegung. Er ist verpflichtet, die Dienstleistenden für die Dauer des unentgeltlich geleisteten Dienstes im Ausland hinreichend über eine angemessene Erwerbsunfähigkeitsversicherung beziehungsweise Unfallversicherung und eine Auslandskrankenversicherung zu versichern. Auch muss er den Fortbestand des Versicherungsschutzes in der sozialen oder privaten Pflegeversicherung sichern. Um den Erhalt des Kranken- und Pflegeversicherungsschutzes im Inland müssen sich die jungen Männer selber kümmern. Das Kindergeld wird während der Zeit des Anderen Dienstes im Ausland weiter gezahlt, auch gilt die Zeit als Verlängerungstatbestand für die Familienversicherung über das 25. Lebensjahr hinaus und wird bei der Studienplatzvergabe berücksichtigt.
ZeusPower: Worauf sollten junge Leute bei der Auswahl ihrer Stelle im Ausland genau achten?
Markus Schulte: Sie sollten vor einer Entscheidung die Informationen der Träger genau prüfen und sich dafür im ersten Schritt auf deren Internetseite schlau machen. Bei offenen Fragen sollte man telefonisch nachfragen. Und sollte der Träger die Fragen unzureichend beantworten, ist es sicher besser, Abstand zu nehmen und weiterzusuchen.
ZeusPower: Welche Kriterien müssen eigentlich die Anbieter vom "Anderen Dienst im Ausland" erfüllen? Kann jeder Verein im Ausland einen "Anderen Dienst" anbieten?
Markus Schulte: Die Träger müssen ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland haben und Gewähr dafür bieten, dass ihre Vorhaben den Interessen der Bundesrepublik Deutschland dienen. Über die Anerkennung eines Trägers entscheidet das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt. Dabei kann die Anerkennung auch auf bestimmte Vorhaben des Trägers beschränkt werden.
Mit Markus Schulte sprach Bülend Ürük.
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