Kreuztal. Viele (Jung-)Pflanzen im Wald werden durch Wildverbiss geschädigt. Christian Groos erörtert die ökologischen und ökonomischen Auswirkungen.
Deutschland hat sehr große Waldbestände, rund ein Drittel der Landfläche ist bewaldet. Gesunde Wälder sind ein wesentlicher Bestandteil des ökologischen Gleichgewichts auf der Erde. Zugleich stellt der Wald auch einen Wirtschaftsfaktor dar, indem er den Rohstoff und Energieträger Holz liefert, der unter anderem zur Papierherstellung benötigt wird. Und auch der Erholungsfaktor des Waldes für die Bevölkerung ist nicht zu unterschätzen.
Leider ist die Gesundheit der Wälder durch zahlreiche Umweltfaktoren gefährdet, zum Beispiel durch Luftverschmutzungen, Klimawandel, Ozonbelastungen und vieles mehr. MediaCampus-Reporter Christian Groos beschäftigt sich mit einem Problem, das viele zunächst gar nicht mit einer möglichen Schädigung für den Wald in Verbindung bringen, nämlich mit dem Verhältnis von Wald und Wild.
In vielen deutschen Wäldern lebt sehr viel Schalenwild. Damit sind Paarhufer, wie zum Beispiel Rotwild, Hirsche und Rehwild, gemeint, die dem Jagdrecht unterliegen. Große Schalenwildbestände führen aber im Wald zu massiven Problemen mit erheblichen Schäden, denn viele Jungpflanzen werden verbissen. Das bedeutet, die Wildtiere äsen Keimlinge, Knospen, Blätter und Triebe. Außerdem verursachen einige Wildtiere sogenannte Schälschäden, damit ist gemeint, dass sie die Rinde vom Stamm der Bäume ablösen.
Wildverbiss richtet ökologische und ökonomische Schäden an
Besonders betroffen von Wildverbiss sind bei den Nadelbäumen zum Beispiel die Tanne und Douglasie, bei den Laubgehölzen die Eiche und die Buche, aber auch viele andere Baumarten werden geschädigt. Eher unempfindliche Baumarten sind die Fichte und die Kiefer, die dann häufig als Reinbestand übrig bleiben. Ökologisch ist das eine Katastrophe, weil dadurch die waldbaulichen Maßnahmen für eine naturnahe und stabile Bewirtschaftung von Mischwäldern behindert werden. Durch die bereits jetzt spürbaren Auswirkungen des Klimawandels wird die Bewirtschaftung zusätzlich erschwert.
Auch ökonomisch ist der starke Verbiss problematisch. Denn geeignete Schutzmaßnahmen, wie die Flächengatterung oder der Einzelschutz, verursachen erhebliche Kosten für den Waldbesitzer. Bei der Flächengatterung wird ein Drahtgatter mit Holzpflöcken um die neu bepflanzte Fläche gebaut. Schutzhüllen, die verrotten, oder Plastikkronen, die den Jungpflanzen aufgesetzt werden, kommen beim Einzelschutz zum Einsatz. Bei beiden Methoden ist die Anschaffung des benötigten Materials sehr kostenintensiv für den Waldbauern.
Naturverjüngung des Waldes ist kaum möglich
Unter diesen Umständen ist die Naturverjüngung des Waldes besonders schwierig, weil die beim Wild beliebten Pflanzen, die sich selbst ausgesät haben, sich nur selten durchsetzen und zu Bäumen heranwachsen können. Daher muss der Waldbauer teure Nachpflanzungen vornehmen, um den fehlenden Bestand zu ergänzen. Nur so kann er einen geschlossenen Waldverband erhalten.
An den „Kyrillflächen“ im Kreis Siegen-Wittgenstein, also an den Waldflächen, die im Januar 2007 durch den Orkan „Kyrill“ erheblich geschädigt beziehungsweise vernichtet wurden, ist gut zu erkennen, dass die Baumarten, die vom Schalenwild bevorzugt werden, keine Chance haben, sich durchzusetzen. Auf diesen Flächen wachsen überwiegend Pionierbaumarten, wie zum Beispiel die Wald-Kiefer.
Schalenwildbestand muss reguliert werden
Wenn sich nicht bald etwas ändert, stehen die Chancen für den stabilen und naturnahen Mischwald schlecht. Langfristig kann man eine naturnahe Bewirtschaftung nur erreichen, wenn man die Schalenwildbestände durch die Jagd reguliert. Die Jagdmethoden und Jagdzeiten müssen angepasst werden, das fordern unter anderem das Bundesamt für Naturschutz (BfN), der Deutsche Forstwirtschaftsrat (DFWR) und die Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft (ANW). Um sinnvolle Konzepte zu entwickeln, müssen Jäger und Waldbauern zusammenarbeiten.
Das Ziel sollte darin bestehen, dass die nächste Generation einen naturnahen, artenreichen Wald hat, der sowohl als Naherholungsgebiet und CO2- sowie Wasserspeicher, aber auch als Wirtschaftszweig erhalten bleibt.
MC-Reporter Christian Groos, Klasse 8d, Clara-Schumann-Gesamtschule, Kreuztal
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