Attendorn. Die MediaCampus-Reporterin Rachel hat eine Familie interviewt, die aus Syrien fliehen musste. Zwei Monate waren die Flüchtlinge zu Fuß unterwegs. Heute lebt die Familie in Lennestadt.
Krieg, Zerstörung, Flüchtlinge – diese Bilder begleiten uns täglich. Meistens erzählen Erwachsene oder Jugendliche ihre Geschichten. Doch wie fühlen sich Kinder im Grundschul- und Kindergartenalter, die ihre Heimat verlassen mussten, und wie kommen diese in ihrem „neuen Leben“ hier in Deutschland zurecht?
Um auf diese Fragen Antworten zu bekommen, habe ich eine Flüchtlingsfamilie aus Syrien besucht, die seit mehr als einem Jahr in Lennestadt wohnt. Die Mutter (28 Jahre) sowie ihre beiden Töchter Zahraa (7 Jahre) und Zeinab (5 Jahre) erzählen über ihre Erlebnisse der vergangenen 18 Monate.
Zahraa und Zeinab sind fröhliche Kinder. Sie scheinen die Flucht vergessen oder verdrängt zu haben. Die Eltern besuchen einen Integrationskurs, und die Kinder freuen sich, wenn sie an Festen wie Karneval, Schützenfest und Martinszug teilnehmen können. Im September haben die beiden Mädchen einen kleinen Bruder bekommen, und seit Oktober – nach vielen Monaten des Bangens – hat die Familie ein vorläufiges Aufenthaltsrecht in Deutschland, da ihr in ihrem Heimatland Gefahr für Leib und Leben droht.
Wie lange dauerte die Flucht und wo lang führte sie?
Mutter: Wir waren zwei Monate unterwegs. Mit dem Flugzeug sind wir in die Türkei geflogen. Weiter ging es mit einem Schlauchboot von Bodrum nach Kos. Von Griechenland über Mazedonien und Serbien sind wir bis nach Ungarn gelaufen. Mein Mann hat kaum geschlafen, weil er auf uns aufpassen musste! Immer wieder haben wir Sachen abgegeben – die Ohrringe der Kinder noch in Ungarn –, damit wir weiterkommen. Bis Passau sind wir auf einem Lkw mitgefahren. Zahraa hat immer geweint und gesagt, dass sie keine Luft bekommt. Von Passau ging es ins Erstaufnahmelager nach Bielefeld, dann nach Lennestadt.
Was habt ihr den Kindern erzählt, als ihr geflüchtet seid?
Die Kinder haben geglaubt, wir würden in den Urlaub fahren.
Vermissen die Kinder ihre Heimat?
Nein, sie waren drei und fünf Jahre alt, als wir das Land verlassen haben.
Wie war die Flucht für die Mädchen?
Nachdem wir in der Türkei angekommen waren, hat Zahraa nur geweint vor Hunger und Angst. Geweint, immer nur geweint!
Haben die Kinder sich durch die Erlebnisse verändert?
Vor allem Zahraa hatte in der ersten Zeit Panik, wenn sie Polizisten sah, weil mein Mann und ich in Ungarn von der Polizei geschlagen worden sind. Wochenlang hatte Zahraa Alpträume. Jetzt weiß sie, dass wir sicher sind.
Zahraa und Zeinab, gefällt es euch hier?
Zahraa: Ja, hier gibt es einen Park und einen Spielplatz.
Was findet ihr in der Schule und im Kindergarten schön?
Zahraa: Ich mag es, Freunde zu finden! Schreiben und Rechnen!
Zeinab: Spielen und Singen!
Was habt ihr schon gelernt?
Zahraa: Deutsch, Rechnen, an der Ampel stehen, brav sein.
Würdet ihr gerne für immer hier bleiben?
Beide: Ja, weil es hier so schön ist.
Zahraa: Aber Urlaub machen möchten wir auch gern.
Rachel Engelbertz, Klasse 8a, St.-Ursula-Gymnasium, Attendorn
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