Reittherapie

Sanftmut der Pferde hilft kranken Menschen

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Pferde sind sensibel und sanftmütig. Unter fachkundiger Anleitung kann eine Reittherapie kranken Menschen helfen.

Pferde sind sensibel und sanftmütig. Unter fachkundiger Anleitung kann eine Reittherapie kranken Menschen helfen.

Foto: MediaCampus

Sundern.   Cara Böhmer und Victoria Plebs waren fasziniert von der Arbeit des Vereins „Reiten für Menschen mit oder ohne Beeinträchtigung LA e.V.

Pferde schnauben, der Hofhund schnuppert freudig an uns. Eine sympathische Frau kommt breit lächelnd aus dem Stall. Sie schüttelt uns freundlich die Hände und bittet uns ihr zu folgen. Wir betreten hinter ihr das geräumige Gebäude mit dem großen Laufstall. Die zehn Pferde von ganz unterschiedlichen Größen und Rassen drehen aufmerksam ihre Ohren in unsere Richtung. Es riecht nach Stroh, Leder und Fell.

Diese Eindrücke gewinnt, wer den Reitstall „Reiten für Menschen mit oder ohne Beeinträchtigung LA“ e.V. in Langenholthausen betritt. Er ist mittlerweile, vor allem wegen seiner Reittherapie, lokal bekannt und geschätzt. Doch wie funktioniert die Arbeit der Reittherapie eigentlich genau?

Der ethische Grundsatz von Kirsten Reppel-Böhmer und Nicole Müller-Westernacher, den beiden Vorsitzenden des Vereins, beruht auf einem Zitat von Nuno Oliveira: „Ich will alles daran setzen und mein Bestes geben, damit diese Tiere in ihrem freundlichen Wesen gut über mich urteilen und damit Harmonie walte, getragen vom Einvernehmen zwischen zwei Lebewesen.“ Ihre auf diesem Grundsatz basierende Arbeit erläutert uns die Ergotherapeutin Kirsten Reppel-Böhmer in einem Interview genauer.

Welche Motivation haben Sie, mit Pferd und Mensch zu arbeiten?

„ Nun, ich möchte Menschen helfen, neue Wege zu beschreiten und vor allem ihnen das Pferd mit seiner ganzen Faszination und Bandbreite näherbringen.“

Wie verläuft eine Reittherapie?

Zunächst stellen sich die Patienten vor. Durch dieses Gespräch kann die Therapeutin die Beeinträchtigung besser einschätzen. Anschließend wird das entsprechende Therapiepferd ausgewählt. Diese Auswahl erfolgt nach Kriterien wie: Wie gut passt das Pferd zu dem Patienten? Mit welchem Pferd kann ich die Krankheit am besten behandeln? Stimmt der Patient der Behandlung zu, startet die Erprobungsphase, welche aus drei Einheiten besteht. Ist auch diese erfolgreich, beginnt der eigentliche Therapieverlauf.

Wer leistet die meiste Arbeit, Pferd oder Mensch?

:„Die Pferde und ich unterstützen uns gegenseitig - jeder leistet gleiche Anteile.“ Am wichtigsten ist jedoch, welche Krankheiten überhaupt mit der Reittherapie behandelt werden können. Für Patienten mit ADHS-Störungen, Entwicklungsstörungen in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden, geistigen und psychischen Störungen, Wahrnehmungsstörungen, Depressionen, Angststörungen, Kontaktstörungen, Autismus, spastischen Cerebralparesen, Gleichgewichtsstörungen und Bewegungseinschränkungen e.t.c. ist eine ergotherapeutische Behandlung mit dem Therapiemedium Pferd sehr sinnvoll.

Wer trägt die Kosten?

Leider erfolgt keine Kostenübernahme durch die Krankenkassen. Jedoch werden die Therapiekosten gelegentlich von dem Jugendamt oder der Lebenshilfe gedeckt. Es kommt auch vor, dass Firmen Patenschaften für die Patienten übernehmen. Aber in der Regel muss die Kostenübernahme über die Patienten oder ihre Eltern erfolgen. Doch lässt sich dieses Problem mit dem Erfolg der Reittherapie mehr als aufwiegen.

So sieht das auch Anne Ebert-Fabry (15), eine Reitschülerin, die oft bei den Therapien assistiert: „Es ist immer wieder schön anzusehen, wenn Kinder mit einem so schweren Schicksal selig lächelnd auf unseren Pferden sitzen. Das pure Glück strahlt aus ihren Augen. Allein wegen dieser Tatsache finde ich die Reittherapie gut. Außerdem habe ich schon viele Erfolge miterleben können. Und es fasziniert mich einfach, wie man schwerkranken Menschen mit der Sanftmütigkeit dieser Tiere helfen kann. Bei Autisten führt die Therapie zum Beispiel zu Erfolgen, weil es ihnen viel leichter fällt, Kontakt zu den Pferden aufzubauen, da diese fast keine Mimik besitzen und sich zurückhaltender als Menschen oder Hunde verhalten. Für Patienten, die im Rollstuhl sitzen, gibt es eine spezielle Therapierampe, mit deren Hilfe sie schnell und einfach auf das Pferd kommen.“

Warum wird man Reittherapeutin?

Kirsten Reppel-Böhmer: „Das Pferd hat mich schon immer fasziniert. Es hat meiner körperlichen und psychischen Entwicklung sehr gutgetan. Und es ist mir klargeworden, wie wichtig das Therapiemedium Pferd ist..“ Wer schon einmal den Reiterhof besucht hat, sieht, wie innig und tiefgehend die Verbindung zwischen Mensch und Pferd sein kann.

„Wenn eines der sanften Tiere seinen Kopf auf meine Schulter legt und verspielt an meiner Jacke knabbert, erfüllt mich ein tiefes Gefühl der Wärme.“, erzählt eine Patientin. Und für dieses Gefühl lohnt sich jede Arbeit.

Cara Böhmer, Victoria Plebs, Klasse 8a, Gymnasium Sundern

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