Menden. Wann beginnt die Menschlichkeit und wo hört sie auf? Anastasia Sacharenko macht sich darüber Gedanken.
Gegen Mittag: Einer Seniorin wird beim Ausstieg geholfen. Ihr Wägelchen runtergetragen, dann gehen alle ihrer Wege und ich frage mich, ob in dieser Situation die Menschlichkeit beginnt? Und wo hört sie auf?
Einen Augenblick dem Menschen nahe gewesen sein, das Nötigste getan. Jeder geht seiner Wege, vergräbt das Gesicht in der Kapuze. Die Kopfhörer in den Ohren, voller Bus, jeder für sich. So lebt man nebeneinander, Seite an Seite, völlig unbekannt. Unbemerkt, ungehört. Wie viele vereinsamen unter uns, ohne unser Aufblicken? Wie sehr sehnen sich einige nach einer stützenden Schulter? Einem warmen Wort am kalten Tag. Einem Lächeln, dem herzlichen Blick. Erkannt werden, gesehen. Wahrgenommen. Ist dies nicht der Wunsch eines jeden? Würdigung. Stattdessen versinken wir alle in der Anonymität, entfremden uns voneinander. Es gibt kein „wir“, nur noch „du“, aber meistens ein „ich“. Jeder für sich, jeder zuerst. Ellbogengesellschaft, die schwächsten Glieder der Kette brechen. Die, die ohne Kopfhörer aus weisen, faltigen Augen blicken. Solche, die auf eine Unterhaltung warten, ohne Blick auf den Bildschirm des Handys. Eine Kluft. Jung und Alt, ohne Berührungspunkte. Ohne Austausch und Verständnis.
Sitzen sich gegenüber. Meilenweit von einander entfernt. Die einen, Wesen aus fernen Epochen, die anderen, versunken ins technisierte Hier und Jetzt. Wie Brücken schlagen? Wie Risse vernähen?
Wer von uns macht den ersten Schritt?
MC-Reporterin Anastasia Sacharenko, Klasse: FS15a, Schule: Hönne Berufskolleg Menden, Menden
Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Best Of