Frankfurt/M. Meron Mendel, Leiter der Bildungsstätte Anne Frank, blickt in neuem Buch auf die Diskussionen rund um Antisemitismus, Israel und Nahostkonflikt.
„Ich bin eine Projektionsfläche, man hört meinen Akzent und das triggert viele“, sagt Meron Mendel. Er ist Jude und Israeli – doch den 47 Jahre alten Leiter der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt kann in Deutschland niemand in eine Schublade stecken. Er kritisiert die vom Bundestag als antisemitisch eingeordnete BDS-Kampagne, die zum Boykott des Staates Israel aufruft, und zugleich ist er ein Gegner des Vorgehens des Staates im Westjordanland.
Einfache Wahrheiten sind bei Mendel nicht zu finden. Den Wissenschaftler irritiert die Art, wie Debatten über den Komplex Israel, den Nahostkonflikt und Antisemitismus in der Gesellschaft hierzulande geführt werden. Darüber hat er nun geschrieben: „Über Israel reden“ heißt sein Buch.
„Wir haben verlernt, kontroverse Diskussionen zu führen.“
„Reden“ ist hier ein wichtiges Stichwort. Mendels These: „Wir haben es als Gesellschaft verlernt, kontroverse Diskussionen zu führen.“ Eine erstaunliche Aussage, gerade in Bezug auf den Nahostkonflikt – wenn man bedenkt, mit welcher Vehemenz hierzulande solche Diskussionen oft geführt werden.
Doch Mendels Ansicht nach fehlt dabei der Austausch. „Viele Menschen haben die Sicht, dass ihnen gegenüber nicht ein Diskussionspartner, sondern der Feind sitzt.“
Moralisch auf der richtigen Seite fühlen
Sachlich sind die Diskussionen seiner Ansicht nach schon lange nicht mehr. Vielmehr gehe es meist darum, sich moralisch auf der richtigen Seite zu fühlen. „Ich wünsche mir mehr Mut zur Differenzierung.“
Mendel prophezeit, dass sich die Diskussionen um Antisemitismus und Nahostkonflikt stets wiederholen werden. „Deutschland ist nicht der optimale Ort, um so weit wie möglich unbelastet über das Thema zu sprechen.“ Und er geht noch weiter: „Eine gemeinsame Debatte ist in Deutschland derzeit leider nicht möglich.“
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