Berlin Wie lässt sich der Kampf gegen die Klimakrise finanzieren? SPD gegen CDU, AfD gegen Linke: Bei „Anne Will“ ging es produktiv zur Sache.
Über die rasanten Bewegungen in den Umfragen wird häufig vergessen, dass die anstehende Bundestagswahl mehr denn je eine Richtungswahl sein könnte. Stehen die Zeichen auf Wechsel? Und was bedeutet das konkret für große Fragen wie die Klimakrise? Diesen Fragen ging am Sonntagabend auch die Runde bei "Anne Will" nach.
Anne Will - Das waren die Gäste
- Ralph Brinkhaus (CDU, Unionsfraktionsvorsitzender)
- Norbert Walter-Borjans (SPD, Parteivorsitzender)
- Janine Wissler (Linke, Parteivorsitzende)
- Tino Chrupalla (AfD, Parteivorsitzender)
- Helene Bubrowski (Korrespondentin der "FAZ" in der Parlamentsredaktion)
Der angestaubte Ansatz der Union
Richtig inhaltlich geredet wurde leider nur über ein Großthema: Die Finanzierung des Staates. Das war aber insofern erhellend, als sich an dieser Stelle entscheiden wird, wie Deutschland die Herausforderungen dieser Zeit – etwa den Umbau zu einem klimaneutralen Land – meistern will. Und es zeigten sich tatsächlich Unterschiede.
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Auf der einen Seite etwa Ralph Brinkhaus, der dafür warb, einfach nur gute Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu schaffen. "Lass den Laden laufen, lass ihn brummen – dann werden wir auch gute Einnahmen haben", sagte der CDU-Fraktionschef. Doch kann man mit diesem angestaubten Ansatz tatsächlich teure Aufgaben wie die Klimakrise meistern? Und dann auch noch Steuern senken und die Schuldenbremse einhalten, wie es die Union verspricht?
"Man wird es nicht glauben, dass Sie hier Voodoo machen, aber Sie tun’s", kritisierte Norbert Walter-Borjans diesen doch recht durchsichtigen Ansatz des "Wir kriegen alles unter einen Hut, ohne dass es weh tut". Stattdessen forderte der SPD-Chef, Investitionen in die Zukunft von der Schuldenbremse auszunehmen – damit wären also mehr Schulden möglich, wenn damit etwa die Klimakrise bekämpft wird.
Linke und AfD haben Brechstangen
Die Brechstange empfahl dagegen Janine Wissler: Jenseits von einer Million solle für jeden weiteren Euro eine Einkommenssteuer von 75 Prozent gelten, fordert ihre Linkspartei. Das verargumentierte die Vorsitzende erstens mit den anstehenden großem Ausgaben, aber auch mit der Gerechtigkeit: "Ich sage nicht, dass jeder das Gleiche haben muss. Aber es gibt Gehaltsunterschiede, die sind nicht vertretbar."
Eine andere Form der Brechstange trug AfD-Chef Tino Chrupalla vor. Seine Partei will viele Steuerarten abschaffen, etwa die Erbschaftsteuer. Doch wie soll sich der Staat dann finanzieren? Indem auf der anderen Seite Ausgaben gekürzt werden, erklärte Chrupalla. Ein Ansatz, der an härteste neoliberale Vorstellungen erinnert, die insbesondere den Wohlhabenden zugutekämen.
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Liebäugeln mit Rot-Grün-Rot
Es schepperte zwischen den Diskutanten, doch das war produktiv: Schade, dass sich die Runde nicht mit weiteren Politikbereichen beschäftigte. Stattdessen ging es ansonsten viel um Machtpolitik.
Dabei zeigte sich etwa: Janine Wissler und Norbert Walter-Borjans können sich eine rot-grün-rote Koalition gut vorstellen. Im Falle einer rechnerischen Mehrheit werden sie aber in ihren eigenen Parteien viele Gegner überzeugen müssen – in der SPD allen voran Spitzenkandidat Olaf Scholz, der einige Hürden für einen solchen Schritt aufgebaut hat.
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"Anne Will": Das Fazit
Da sage noch einer, Talkshows könnten Politik nicht anständig vermitteln. Anhand der Steuer- und Finanzpolitik klappte das in dieser Ausgabe von "Anne Will" gut. Die Unterschiede zwischen den Parteien wurden sichtbar. Umso besser wäre es gewesen, wenn sich die Runde auf weitere Großthemen gestürzt hätte, statt sich ins Kleinklein der Machtpolitik zu begeben.
Doch gibt es nun eigentlich eine Wechselstimmung im Land? Am plausibelsten antwortete darauf Helene Bubrowski von der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Demnach muss man vorsichtig sein. Es passiere ja schon sehr viel sehr schnell, sagte sie. "Vielen Leuten geht die Veränderung viel zu schnell."
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