Berlin. Wie läuft der Bundestagswahlkampf? Darum ging es bei „Anne Will.“ Zwischen Paul Ziemiak und Kevin Kühnert krachte es dabei gewaltig.
- Die SPD ist in den Umfragen der Union enteilt
- Generalsekretär Paul Ziemiak fährt deshalb Angriffe Richtung Kevin Kühnert
- Der reagiert locker - und wird hinterher im Netz gefeiert
Vier Wochen vor der Bundestagswahl - und noch scheint alles offen. Aktuellen Umfragen zufolge ist die SPD derzeit die stärkste politische Kraft, während die Union einbüßen muss. Gerade aus der langen Sommerpause zurückgekommen, wollte es Moderatorin Anne Will dann am Sonntagabend genau wissen: „Wählen in Krisenzeiten - wem trauen die Deutschen das Kanzleramt zu?“
Ziemiak warnt vor Rot-Rot-Grün bei „Anne Will“
Nur wenige Minuten zuvor endete das erste öffentliche Triell mit den Kanzlerkandidaten Olaf Scholz und Armin Laschet sowie Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock. Ähnlich angespannt ging es auch im Mini-Triell bei „Anne Will“ weiter. Denn bereits zu Beginn der Sendung zeigte sich CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak selbsternannt „kämpferisch“.
"Anne Will" - Das waren die Gäste am 29. August:
- Paul Ziemiak, CDU-Generalsekretär
- Kevin Kühnert, stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD
- Cem Özdemir, Die Grünen
- Jana Hensel, Autorin und Journalistin
- Christiane Hoffmann, Spiegel-Autorin
Er kürte nicht nur Armin Laschet zum Sieger des Triells, sondern kramte tief im Kampagnen-Register der Union. Ziemiak warnte vor der rot-rot-grünen „Truppe“, die für Deutschland den politischen Untergang bedeute. Gemeint ist eine mögliche Koalition der SPD mit den Linken und Grünen, die den CDU-Generalsekretär an das kommunistischen Polen der achtziger Jahre erinnerte.
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Der stellvertretende SPD-Vorsitzende kommentierte Ziemiaks Aussage mit einem Schulterzucken: „Das war alles sehr herzergreifend, aber natürlich grandioser Quatsch, den du hier vorgetragen hast. Wenn das die Verteidigungslinie sein soll in diesem Wahlkampf, dann gute Nacht, Marie“. Kühnert warf dem CDU-Generalsekretär vor, sich nicht genug mit den Inhalten der SPD auseinandergesetzt zu haben.
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Kevin Kühnert wettert gegen Ziemiak
„Wer jetzt ernsthaft glaubt, dass mit Olaf Scholz, ich wiederhole: Olaf Scholz, die kommunistische Gewaltherrschaft in Deutschland einzieht, dass der mit der roten Fahne bald durch den Bundestag läuft, der ist bisschen falsch gewickelt“, betonte Kühnert fassungslos. Auf Twitter wurde ein Ausschnitt von der Szene tausendfach geteilt und mit "Gefällt mir" markiert. Viele feierten Kühnert für die Reaktion.
Ziemiak selbst ließ allerdings nicht locker und verstrickte sich weiter in die „Rote-Socken-Kampagne“ 2.0. Der CDU-Politiker nannte Scholz ein „Vesikel“, das primär von Kevin Kühnert und Saskia Esken gesteuert werde.
„Ich sagte Ihnen heute voraus, dass Olaf Scholz überhaupt nichts zu melden hat. Wenn es eine Stimme Mehrheit gibt, für eine Koalition zwischen SPD und Linke mit den Stimmen der Grünen, dann wird es eine Linksregierung in diesem Land geben. Dann verspielen wir alles“, sagte der CDU-Politiker.
Cem Özdemir schließt Koalition mit den Linken aus
Zwischendurch hakte Moderatorin Anne Will aber doch noch einmal nach. „Wenn sich die Chance bietet, dass die SPD stärkste Kraft wird und mit rot-rot-grün eine Mehrheit hat, erwarten Sie dann von Olaf Scholz, dass er das macht?“, fragte Will den SPD-Politiker.
Kühnert zeigte sich diplomatisch und wolle die Koalitionsverhandlungen abwarten, allerdings sei eine rot-grüne Mehrheit in „greifbarer Nähe“. Cem Özdemir hingegen nannte eine Koalition mit den Linken eine „virtuelle Option, keine reale“. „Wie viel mehr kann man sich distanzieren?“, fragte Özdemir zurück.
Ausschlaggebend sei auch die Enthaltung bei der Abstimmung zum Afghanistan-Evakuierungseinsatz gewesen. „Wer sich in einer solchen Frage nicht klar äußert, will dieses Land nicht regieren“, so Özdemir.
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Journalistin bei „Anne Will“: Scholz profitiert von Schwächen
Auch die Spiegel-Journalistin Christiane Hoffmann stufte das kommunistische Übernahmeszenario als eher unwahrscheinlich ein und nannte Ziemiaks Aussagen „sehr, sehr durchschaubar“. Allerdings wäre dies eine gute Strategie, um „die eigenen Anhänger mit dem Gespenst Rot-Rot-Grün zur Wahlurne zu bekommen“.
Die guten Umfragewerte der SPD seien laut der Journalistin vor allem durch die schlechten Umfragewerte der Union und Grünen bedingt. So habe Scholz „extrem von der Schwäche der anderen profitiert“. Die Wahl stufte Hoffmann weiterhin als offen ein.
Und wenn es um die schlechten Umfragewerte der Union geht, hatte Paul Ziemiak eine mehr oder weniger passende Antwort parat. „Die Berichterstattung hat sich ja mit vielen anderen Dingen beschäftigt“, kritisierte der CDU-Politiker.
„Die Verantwortung für diesen Wahlkampf liegt doch bei Ihnen“, warf die Moderatorin zurück. Warum die Wahlplakate der CDU nicht kreativer waren, konnte Ziemiak nicht erklären. Es gehe in den letzten Wahlkampfwochen viel mehr um die Verdeutlichung der Unterschiede zwischen den Parteien.
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